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Kultur: "Faszination kann man nicht lernen"

Die Situation bei Rowohlt ist zur Zeit nicht gerade leicht. Haben Sie da nicht doch ein bisschen Bauchweh?

Die Situation bei Rowohlt ist zur Zeit nicht gerade leicht. Haben Sie da nicht doch ein bisschen Bauchweh?

Es ist ein großer Schritt, und mit absoluter Selbstverständlichkeit gehe ich da nicht heran. Andererseits: wirtschaftlich geht es Rowohlt gut. Man hat viel Boden gutgemacht und ist wieder der drittgrößte Taschenbuchverlag, vor dtv. Es gab beträchtliche Erfolge in den letzten beiden Jahren, die vielleicht nur literarisch nicht soviel Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben, aber für die Wirtschaftlichkeit des Verlags waren sie äußerst wichtig.

Was für mich schwierig ist und schmerzlich, ist etwas ganz anderes: die Auflösung des Fest Verlages. Aber eben das ist es zugleich, was mich stärkt: Ich komme mit 60, 70 Autoren. Die Tatsache, dass für meine Arbeit Rowohlt immer eine Art Modell im Hintergrund war, bedeutet auch, dass sich diese Autoren in das Rowohlt-Programm gut einfügen werden. Eckhard Henscheid steht sehr gut bei Italo Svevo, Georg Klein steht sehr gut bei Thomas Pynchon. Hier greift sehr viel zusammen, und deswegen sagten alle Autoren, mit denen wir bisher gesprochen haben, sie kommen mit.

Rowohlt ist ein viel größeres Haus als der kleine, überschaubare Alexander Fest Verlag. Das bedeutet für Sie eine völlig andere Form des Arbeitens. Haben Sie sich mit der neuen Struktur bereits vertraut gemacht?

Der Unterschied ist riesig. Wir haben allerdings seit mehr als einem Jahr eine glänzende Vertriebskooperation mit Rowohlt. Die Buchhaltung und die Rechte werden ebenfalls von Rowohlt betreut, und die Vertreterkonferenzen haben zusammen stattgefunden. Wir kennen also einen Großteil der Leute, die da sind, gut. Und das minimiert die Distanz. Trotzdem ist die Struktur eine ganz andere als beim familiären Fest-Verlag. Damit werde ich mich vertraut machen müssen. Und das kann man im Vorhinein und abstrakt auf dem Papier gar nicht. Das kann man nur, wenn man wirklich da ist.

Die letzten Jahre waren bei Rowohlt sehr bewegt, es gab vielfältige Umstrukturierungen und zum Teil auch heftigen Gegenwind. Auf der Führungsebene gab es zudem eine beträchtliche Fluktuation. Kehren jetzt ruhigere Zeiten zurück?

Das größte Vertrauen, das ich mitbringe, ist das Vertrauen in meine Autoren. Natürlich ist es so, dass bei der ganzen Verlagsarbeit Managementvorgänge und die betriebliche Innenpolitik unendlich wichtige Faktoren sind. Aber das eigentlich Entscheidende ist, dass man auf seine Autoren vertraut und dass man sich auf sie stützt.

Dieser Beruf hat so viele Klippen, auch in einem kleinen Haus, nicht nur bei den Giganten, man hat in etlichen Branchen ein angenehmeres Leben. Man kann das aber alles überhaupt nur machen, wenn man aus der Arbeit mit den Autoren einen spezifischen Gewinn zieht, den es nirgendwo sonst gibt. Und wenn man auf die Literatur vertraut, die man publiziert.

Die Tatsache, dass ich von vielen Rowohlt-Autoren maßgeblich beeinflusst wurde, war daher für meine Entscheidung der ausschlaggebende Punkt. Ob Brinkmann, ob Nabokov: Ich fühlte mich diesem Programm immer verbunden. Und das ist eine Stärke, die einem kein Managementkurs, kein Coach, kein Personalberater beibringen kann. Man kann alles auf der Welt lernen: aber Faszination kann man nicht lernen, Faszination durch eine bestimmte Art von Literatur, durch ein Verlagsprogramm.

Die Situation bei Rowohlt ist zur Zeit nicht gerad

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