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Fazit: Unsere Tops & Flops

Von "Almanya" bis "Yelling to the Sky": Welche Filme der 61. Berlinale den Tagesspiegel-Redakteuren besonders gut gefallen haben – und welche überhaupt nicht gut.

KERSTIN DECKER 

Top: „Wer wenn nicht wir“. Der große Bogen fordert den Preis des Konventionellen, schon klar. Aber: Was für ein Bogen!

Flop: „Les contes de la nuit“. Weil ein Scherenschnitt-Film vor allem eins niemals sein sollte: scherenschnittartig.



JULIAN HANICH

Top: „Unter Kontrolle“. Die Strahlkraft dieser Atomkraftdoku löst beim Geigerzähler des Kritikers auch Tage später noch heftiges Knacken aus.

Flop: „The Future“. Weil diese putzige Regisseurin so gnadenlos mit ihren superkalifragilistikexpialigetisch niedlichen Einfällchen kokettiert.

SILVIA HALLENSLEBEN

Top: „Day is Done“. Atemberaubend schön, wie sich hier aus einer alltäglichen Wahrnehmungsbasis der Blick in eine ganze Welt öffnet.

Flop: „Silver Bullets“. Ein Film von einem Ex-Filmstudenten für Filmstudenten: Banal, wichtigtuerisch, prätentiös und sexistisch, und dann spielt sich das auch noch als ehrliche Selbstreflexion auf.



NADINE LANGE

Top: „Unter Kontrolle“. Die ruhige AKWDoku führt die Antiquiertheit und Abstrusität der Atomtechnik herausragend vor.

Flop: „Les femmes du 6ème étage“. Dieses zuckerige, harmlose Feel-good-Kino verklebt die Augen.

HARALD MARTENSTEIN

Top: „Almanya“: Der Film zur politischen Großdebatte des Jahres ist eine Komödie, an der auch Lubitsch Freude gehabt hätte.

Flop: „Coriolanus“. Manche denken, wenn „Shakespeare“ draufsteht, ist automatisch Kunst drin. Stimmt nicht.

HELMUT MERKER

Top: „The Turin Horse“. Die Mühen des Zuschauers werden belohnt mit Weltuntergang in klaustrophobischer Weite und herzzerreißendem Abschied vom Pferd.

Flop: „Schlafkrankheit“. Hippopotamus kann im Finale nichts mehr retten. Es hätte gleich den Hauptdarsteller verschlucken und dem Zuschauer 100 tief-sinnfreie Großaufnahmen ersparen sollen.

FRANK NOACK

Top: „Wer wenn nicht wir“. Weil die Kamerafrau Judith Kaufmann für jede Einstellung neue Lichtquellen entdeckt. Ein Sieg der Form über den konventionellen Inhalt.

Flop: „Coriolanus“. Wegen der eindimensionalen Interpretation der Hauptfigur. Fiennes ist laut, fanatisch, verbissen. Und langweilig.

JAN OBERLÄNDER

Top: „Gandu“. Indischer Indie, eine wütend fröhliche Rap-Drogenstory, schwarzweiß, schnell, explizit. Sexieste Sexszene des Festivals, kreativstes Spiel mit den Untertiteln: Die sind Teil der Bilder.

Flop: „Kommt Regen, kommt Sonnenschein“ . Stilles, zartes, regnerisches Beziehungsendspiel. Aber sehr lang. Wäre sicher ein schöner Kurzfilm gewesen.

CHRISTIANE PEITZ

Top: „Nader und Simin“. Farhadis Familiendrama lässt einen die ungeheure Anstrengung erahnen, die der Aufbruch in die Moderne und in die Freiheit kostet. Nicht nur im Iran.

Flop: Glaubt die Berlinale eigentlich, die Zuschauer seien taub? Wer stille Filme zeigt, sollte an die Kraft der Bilder glauben. Nein, es muss dröhnen, höchster Lautstärkepegel im Berlinale-Palast.

DANIELA SANNWALD

Top: „Bizim Büyük Çaresizligimiz“. Unaufgeregter Blick auf die Verstörung, die das Erwachsensein mit sich bringt.

Flop: „Wer wenn nicht wir“. Arg naiv: Brandsätze statt Geschirr – die Genese der RAF als Beziehungsdrama.

CHRISTIAN SCHRÖDER

Top: „El premio“. Der Terror der argentinischen Militärjunta, beklemmend und berührend aus der Sicht eines Mädchens geschildert, das mit ihrer Mutter ans Meer geflüchtet ist.

Flop: „Yelling to the Sky“. Ghettojugend im Teufelskreis von Drogen und Gewalt, mit Figuren aus dem Klischeebaukasten.

JAN SCHULZ-OJALA

Top: „A Turin Horse“. Letztes Geschenk des verrückten Welterfinders Béla Tarr. Vernünftelndes Zeug gibt es genug.

Flop: „V Subbotu“. Wodka, Weib, Gesang und, ach ja, Tschernobyl. Der Politfilm zum Durch- und Abwinken.

CHRISTINA TILMANN

Top: „The Big Eden“. Nicht, weil es der beste Film des Festivals gewesen wäre, sondern weil die Botschaft stimmt. Es wird so viel gejammert überall. Wie schön, wenn da mal einer kommt und sagt: Ich lebe gern.

Flop:
„Wer wenn nicht wir“. Nicht, weil der Film so schlecht wäre, sondern weil er so viel mehr hätte sein können. Ein Herzensthema, seltsam gedimmt, und das bei Andres Veiel. Dabei hätte man gedacht: Wer wenn nicht er?

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