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Kultur: Feindfreund

Afghanistan-Film: „Der Stern des Soldaten“

Nikolai ist der falsche Mann zur falschen Zeit am falschen Ort. Der Ort ist Afghanistan, die Zeit 1979, und Nikolai, der das Pech hat, mit Tausenden anderer russischer Rekruten in Zentralasien einrücken zu müssen, ist eigentlich Musiker. Gestern stand er noch mit der Gitarre auf der Bühne eines Jugendklubs in Sibirien, heute schleppt er seine Kalaschnikow durch den afghanischen Staub.

Wozu? Für wen? Um die kommunistische Weltrevolution gegen imperialistische Provokationen zu verteidigen, sagt der Kommandant. Das lässt sich kaum in die afghanische Wirklichkeit übersetzen. Sehr bald haben Nikolai und seine Kampfgenossen jedes Gefühl verloren, wo in dem Frontverlauf zwischen afghanischen Kommunisten, muslimischen Aufständischen, sowjetischen Militärs und amerikanischen Geheimdienstlern der Feind steht. Als Nikolai auch noch Guerilla-Truppen in die Hände fällt, schließt er innerlich mit dem Leben ab. Und stellt fest, dass die Afghanen ihn nicht nur am Leben lassen, sondern ihn weitaus menschlicher behandeln als seine sowjetischen Vorgesetzten. Nikolai lebt sich ein in der Stammesgemeinschaft.

Auf einer wahren Geschichte basiert die deutsch-französische Koproduktion „Der Stern des Soldaten“: Christophe de Ponfilly, Regisseur vieler Dokumentarfilme über Afghanistan, lernte den übergelaufenen Rekruten Nikolai 1979 in einem Rebellenlager kennen. Er freundete sich mit ihm an und wollte ihm sogar die Flucht nach Frankreich ermöglichen. Auf dem Weg in die Freiheit kam Nikolai jedoch in Pakistan ums Leben. Ponfillys Afghanistan-Porträt hat kluge Ansätze und zieht Parallelen zwischen dem spektakulär gescheiterten Feldzug der Sowjets und dem aktuellen Vielfrontenkrieg in Afghanistan. Dass die linke US-Kritik dabei so holzschnittartig ausfällt wie sein Schreckensporträt der sowjetischen Armeeführung, hätte man gern verziehen. Auch über die gespreizten Kommentare, die nur verdoppeln, was die Bilder ohnehin erzählen, hätte man hinwegsehen können. Leider stilisiert sich Ponfilly aber auch noch als unerschrockener Reporter – das macht viele Szenen unerträglich. Jens Mühling

In drei Berliner Kinos

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