zum Hauptinhalt
Die Michael Clark Company.

© Hugo Glendinning

Festival "Tanz im August": Pop-Menagerie

Der amerikanische Choreograf Michael Clark liebt die makellos gestreckten Bein: Bei seinem dreiteiligen Abend "animal/vegetable/mineral" sind sie in Perfektion zu bestaunen.

Von Sandra Luzina

In den Achtzigern schockierte Michael Clark das Publikum mit seiner „Kiss-my-ass“-Attitüde. Der an der Royal Ballet School in London ausgebildete Tänzer trat zu lauter Punkmusik auf und präsentierte gern seinen blanken Po. Seine extravaganten Performances waren eine Kampfansage an den prüden Thatcherismus. Das Establishment hat ihn längst umarmt. In diesem Jahr wird die Queen ihn zum „Commander of the British Empire“ ernennen.

Wie bei Clark die Extreme aufeinanderprallten, die rohe musikalische Energie auf die rigide Strenge des klassischen Balletts traf, das hat damals die Wahrnehmung von Tanz nachhaltig erschüttert. Heute schockiert dagegen, dass sich keiner mehr aufregt, wenn die Musik laut aufgedreht wird und die Ballett-Tänzer dazu ihre Bewegungen ziselieren. Das konnte man nun beim Auftritt der Michael Clark Company beim Tanz im August im Haus der Berliner Festspiele beobachten. Der dreiteilige Abend „animal /vegetable/mineral“ ist aber auch recht zahm geraten.

Michael Clark ist mittlerweile über 50, und auch seine musikalischen Helden sind in die Jahre gekommen. Der erste Block besteht aus Choreografien zu sechs Songs der Band Scritti Politti. Den Sänger und Songschreiber Green Gartside kennt Clark schon seit den frühen Achtzigern. Zu dem sanften Gesang bewegen sich die Tänzer in schwarzen Kleidchen mit suggestiver Langsamkeit. Die abgezirkelten Bewegungen zitieren die Übungen des klassischen Balletts. Von der Beinarbeit der Danse d'Ecole ist Clark offenkundig fasziniert: Immer wieder sieht man langsame battements mit makellos gestreckten Beinen, die dann spitz angewinkelt werden, so dass die Tänzer wie Störche aussehen. Natürlich bricht Clark das neoklassische Vokabular. Doch man kann nur staunen, wie geordnet, gemäßigt und auch ein wenig einfallslos die Choreografien sind.

Es ist ein großes Vergnügen, den superben Tänzern zuzusehen. Zu „Albatross“ von Public Image Ltd breiten die Tänzer in dreifarbigen Trikots ihre Arme aus wie Schwingen und vollführen Wellenbewegungen mit dem Oberkörper. Im letzten Teil sind Songs von Jarvis Cocker und seiner Band Relaxed Muscle zu hören, er macht auch optisch mehr her. Das Video zeigt tanzende Buchstaben, Wörter, die die auf dem Kopf stehen oder rückwärts geschrieben sind.

Die Tänzer in ihren rot-orangen Trikots wirken anfangs ferngesteuert wie Roboter. Später sieht man Duette am Boden. Der famose Harry Alexander stemmt seine Partnerin in einer waagerechten Position in die Luft. Die Musiker sind dann im Video zu sehen, Jarvis Cocker mit aufgemalten Bart und Peitsche hinter Gittern. Den Exaltationen dieser Pop-Menagerie hat Clark nicht viel entgegenzusetzen. Auch wenn er am Ende etwas mehr Sex dazupackt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false