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Der Film von Regisseur Lav Diaz ist beim Filmfestival von Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet worden.

© dpa

Filmfest Venedig: Ein Löwe für Lav Diaz

Zum ersten Mal geht der Goldene Löwe in die Philippinen: Der Regisseur Lav Diaz gewinnt den Hauptpreis des Festivals. Auch eine Deutsche kann über eine hohe Auszeichnung jubeln.

So klug und gewitzt sind Jury-Voten in Venedig zuletzt selten gewesen. Mit Lav Diaz’ „The Woman Who Left“ gewinnt der radikalste, bewegendste, meisterlichste Film der Mostra 2016, ein unmissverständliches Bekenntnis zum unabhängigen Autorenkino. Vier kurze Stunden lang entrollt Diaz die Geschichte einer Frau, die 30 Jahre unschuldig im Gefängnis saß, die Rache sucht und Menschlichkeit findet. Eine große poetisch-politische Erzählung in ruhigen Einstellungen, eine Schwarz-Weiß-Parabel über Gerechtigkeit und Solidarität in einer herzlosen Welt.

Es ist das Jahr von Lav Diaz. Im Februar war der 58-jährige Regisseur auf der Berlinale für seinen Achtstundenfilm „A Lullaby“ mit Silber prämiert worden, erst im Mai hatte er mit dem Dreh für „The Woman Who Left“ begonnen. Seine Hauptdarstellerin, Charo Santos, ist Chefin des größten Medienunternehmens in Südostasien und zugleich eine unfassbar wandelbare, mit einer unverbrüchlichen Aura ausgestattete Schauspielerin.

Die Juroren Sam Mendes, Laurie Anderson, Nina Hoss, Chiara Mastrioanni und ihre Mitstreiter haben die Coppa Volpi für die beste Darstellerin gleichwohl an Emma Stone in „La La Land“ vergeben; das US-Musical war in der italienischen Presse zuletzt als Löwen-Kandidat favorisiert worden. Schade für Natalie Portman als „Jackie“, aber der Drehbuchpreis an Noah Oppenheim für das Kennedy-Drama entschädigt dafür, konzentriert sich das Script doch ganz auf die Tage nach dem JFK-Attentat und die Selbstbehauptung einer Frau. Unter den Männern gewinnt völlig zu Recht Oscar Martinéz als argentinischer Literaturnobelpreisträger auf Heimatreise in „El ciudadano illustre“.

Gewitzt der Spezialpreis für Ana Lily Amirpours wildes Kannibalenmärchen „The Bad Batch“ und der Große Jurypreis für Tom Fords abgründig-raffinierten Thriller „Nocturnal Animals“: Nicht das solide Kino gewinnt in Venedig, sondern das risikofreudige. Auch Deutschland kann sich im Löwen-Glanz sonnen: Paula Beer gewinnt als beste Nachwuchsdarstellerin im Nachkriegs- Versöhnungsdrama „Frantz“, ebenfalls schwarzweiß, das von den Berliner X-Filmern mitproduziert wurde.

Die beiden Regiepreis-Gewinner wurden ebenfalls mit hiesigen Fördergeldern realisiert, Amat Escalantes mexikanisches Sozialdrama mit Sexkrake „The Untamed“ und Andrei Konchalovskys „Paradise“. Dass mit Konchalovskys Holocaust-Melodram, der dritte Schwarzweiß-Beitrag des Wettbewerbs, ein politisch ärgerliches, von Nazi- und Partisanen-Stereotypen geprägtes Werk ausgezeichnet wurde – Schwamm drüber.

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