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Filmfestspiele von Cannes: Kommt "Sarko"?

Es wird eng in Cannes: Nach der Eröffnung und einer eher ruhigen Startphase nimmt das Filmfestival zur Feier seines 60. Geburtstags am Sonntag Fahrt auf.

Cannes - An diesem Samstag hält zunächst Oscar-Preisträger und Palmen-Gewinner Michael Moore mit seinem provokanten Dokumentarfilm "Sicko" über das US-Gesundheitssystem Einzug ins Palais. Laut hartnäckigen Gerüchten könnte am Sonntagabend dann "Sarko" folgen, der frisch gewählte französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy.

Offiziell gab es bis zum Freitag noch keine Bestätigung für die Visite des Politikers, der wegen seiner Neigung zu Glamour, Prominenz und reichen Freunden viel kritisiert wird. Doch nach den Strapazen der prächtigen Amtseinführung in Paris erholt sich Sarkozys Ehefrau Cécilia zur Zeit im offiziellen Feriendomizil des Präsidenten in Brégançon an der Côte d'Azur. Da wäre ein Abstecher zum nächsten Roten Teppich in Cannes nicht weit.

Derweil wird das Gedränge auf den Straßen, am Hafen und nachts vor den Bars immer größer: Zusätzlich zum üblichen Festivalbetrieb muss die Stadt am Mittelmeer rund um die Geburtstagszeremonie mit weiteren 80.000 bis 100.000 Besuchern fertig werden, prophezeit die Handelskammer des Ortes. Wie gut, dass das Programm im Kino da wie in dem Wettbewerbsbeitrag "Izgnanie" (Die Verbannung) von Andrej Swjaginzew noch Bilder parat hat, in denen das Auge Ruhe findet.

Schweigsame, gewalttätige Männer und eine schwangere, depressive Frau, die es aufgibt zu reden, weil doch niemand zuhört: Aus dieser Konstellation macht der Russe Swjaginzew ein tödliches Drama, dessen Sinn sich erst gegen Schluss offenbar, in einer Rückblende, in der - endlich - richtig kommuniziert wird. Die Geschichte ist seltsam und spröde, mit religiösen Motiven von Verheißung und Opfer durchzogen. Doch die exzellente Kamera von Michail Krichman beschenkt den Zuschauer mit Schwenks über leere Landschaften, Fahrten durch karge Gebäude und Nahaufnahmen von Gesichtern, die ihresgleichen suchen.

Banales Musical

Die Würde der russischen Seelenforschung lässt hingegen der französische Wettbewerbsfilm "Chansons d'amour" (Liebeslieder) vermissen. Auch hier stirbt eine junge Frau, nachts vor der Disco an einem plötzlichen Herzinfarkt. Der Autor und Regisseur Christophe Honoré beschäftigt sich in seinem banalen Musical vor allem mit ihrem Freund und dessen eitler Verarbeitung des Trauerfalls. Der junge Mann fühlt sich unwiderstehlich. Er tröstet sich nach einer Dreierbeziehung mit einem One-Night-Stand, verschmäht Chiara Mastroianni, die die Schwester der Toten spielt, und endet in den Armen eines reizenden Homosexuellen. Die vielen Songs dazu sind einfallslos und nur selten gut gesungen.

Was es heißt, wirklich unwiderstehlich zu sein, demonstriert der Dokumentarfilm "Brando" in der Reihe Cannes Classics. Die Amerikaner Leslie Greif und Mimi Freedman kreisen das Phänomen Marlon Brando ganz konventionell mit Filmausschnitten, Archiv-Material und Interviews ein. Johnny Depp, John Turturro, Al Pacino und viele andere beschreiben den großen Darsteller mit offenherzigen Kommentaren. So entsteht ein sehr genauer Blick auf einen Giganten des Kinos, dessen Genialität offensichtlich und stets gefährlich war. (Von Karin Zintz, dpa)

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