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Filmkritik: NEU AUF DVD

Die Filme "Awaydays" über Fußball-Hooligans und "Horoes of War - Assembly" über den Wahnsinn des Krieges kommen auf DVD raus. Außerdem ist der Kleinstadtkrimi "In The Electrik Mist" erhältlich.

AWAYDAYS

Regie: Pat Holden

Irgendwann in den späten Siebzigern: Paul Carty ist fasziniert von einer Gruppe Fußball-Hooligans, die sich The Pack nennt und einen strikten Dresscode pflegt – mit ihren Parkas, Adidas-Schuhen und Schals. Er will dazugehören, wenn es bei Auswärtsspielen gegen die Mobs anderer Vereine geht. Elvis, ein Pack-Mitglied, ermöglicht John den Zugang zur Gruppe, bei der nicht jedes dahergelaufene Bürgersöhnchen mitmachen darf. Während Paul sich begeistert den Gruppenritualen anpasst, löst sich Elvis innerlich immer mehr und träumt von Berlin und der Musikszene dort. Im Zentrum des Films stehen die Beziehung der beiden, ihre Hoffnungen und Träume. Eine typische Coming-of- Age-Geschichte, mit Frauengeschichten, homoerotischen Zügen, Alkohol und Drogen: Sie lebt vom Zeit- und Lokalkolorit, vom Post-Punk-Soundtrack und von Momenten der Ruhe und Nachdenklichkeit zwischen den ruppig inszenierten Kämpfen. Der Autor Kevin Sampson, der die gefeierte Romanvorlage schrieb, bemühte sich zehn Jahre lang um die Verfilmung seines Stoffes. Als es so weit war, war das Thema Hooliganismus als Jugendkultur im britischen Film schon etwas abgegrast. Die Verfilmung von 2009 erreicht nicht die Tiefe des Romans, doch trotzdem ist „Awaydays“ ein schönes Independent-Ding, das von der ganzen traurigen Romantik dieses gewalttätigen Tribalismus erzählt.

IN THE ELECTRIC MIST

Regie: Bertrand Tavernier

In den Sümpfen Louisianas spült es die Vergangenheit wieder nach oben. Der Hurrikan „Katrina“ hat die Landschaft umgegraben, die Leiche eines jungen Schwarzen, der offensichtlich kaltblütig exekutiert wurde, taucht nach 40 Jahren wieder auf im Bayou. Bertrand Taverniers Südstaaten-Krimi „In The Electric Mist“ (Koch Media), 2009 auf der Berlinale aufgeführt und hierzulande nie ins Kino gekommen, basiert auf einer Vorlage des Krimiautors James Lee Burke. Tommy Lee Jones spielt den Polizisten Dave Robicheaux, den diese Geschichte schon seit Jahrzehnten beschäftigt. Er war Augenzeuge als Kind. Während der Ermittlungen gegen einen Serienmörder findet er bald Verbindungen zu dem Geschehen, über das jeder sagt: 40 Jahre alte Niggerprobleme solle man besser ruhen lassen. Robicheaux ist ein Hardboiled-Polizist, der schon mal zulangt und Beweisstücke verschwinden lässt. Mückenschwärme, flirrende Hitze, Regen, altersweise Bluesmusiker, schäbige Kneipen und der Cajun-Soundtrack geben dem Film eine drückende Schwüle, in der Robicheaux bald von Geistern aus dem Bürgerkrieg heimgesucht wird. Alles hängt mit allem zusammen, die Vergangenheit wabert durch das Heute. Immerhin investiert in diesem gottverlassenen Ort überhaupt noch jemand; nun ja, ein Kleinstadtmafioso steckt bloß sein Geld in eine Filmproduktion . Schade nur, dass die Handlung recht schlampig vorangetrieben wird – der Film hätte ein wirklich grandioser Thriller werden können.

HEROES OF WAR - ASSEMBLY

Regie: Feng Xiaogang

Während des chinesischen Bürgerkriegs 1948 erhält Hauptmann Gu Zidi einen wahnwitzigen Auftrag. Mit seinem Regiment soll er um jeden Preis eine Mine gegen die Armee der Nationalisten verteidigen. Dabei wird seine Einheit vollständig vernichtet. Nur Gu Zidi überlebt schwer verwundet, in der Uniform des Feindes. Niemand will ihm die Geschichte glauben: Ein paar Männer mehr oder weniger – wen kümmert das schon, wenn nur das große Ganze zählt? In China wurde der 2007 gedrehte Film (New KSM) vielfach ausgezeichnet und ein Kassenhit. Dafür, dass die Hauptfigur zur kommunistischen Seite gehört, ist der Film erstaunlich wenig propagandistisch – es geht um den Wahnsinn des Krieges, und der ist überall gleich. Zunächst rast die Kamera durchs Schlachtgeschehen. Alles ist Hektik, Panik und Tod, schonungslos inszeniert, mit enormem technischen Aufwand und digital nachbearbeiteten Bildern. Im Zentrum steht jedoch die Suche Gu Zidis nach der Wahrheit. Er wird in der Armee bleiben und später in Korea kämpfen, doch sein ganzer Antrieb gilt dem Andenken seiner Kameraden. Wenigstens die Namen der Toten sollen in Erinnerung bleiben, auch wenn sich die Geschichtsschreibung des Landes kaum dafür interessiert.

Karl Hafner

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