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Spiel’s noch einmal, Krzysztof. Komeda mit seiner Frau Zofia, 1958.

© Quelle Arsenal

Hommage an Filmkomponisten Krzysztof Komeda: Der Soundtrack seines kurzen Lebens

Krzysztof Komeda brachte die Filme von Andrzej Wajda und Roman Polanski zum Tanzen. Nun widmet das Berliner Arsenal dem polnischen Filmkomponisten eine Hommage.

Die masurischen Seen, das stille Spiel des Lichts auf dem Wasser, dazu das Rauschen der Wellen, knackendes Holz, flatternde Segel. Roman Polanskis erster abendfüllender Spielfilm „Das Messer im Wasser“ weist den Geräuschen eine tragende Rolle zu. Eine aus dem Nichts entstehende Dreieckssituation lässt den geplanten Segeltörn zu einem Psychodrama werden. Der junge Anhalter, der immer wieder sein Messer im Sonnenlicht funkeln lässt, dringt ein in ein wohlsituiertes Paardasein. Und er bringt Musik mit, Musik, die aufwühlend ist und sinnlich fordernd. Stille, Naturlaute und der Jazz von Krzysztof Komeda verbinden sich mit den Bildern zu einer hypnotischen Einheit. Polanski brachte sie den Kritikerpreis von Venedig ein, dazu die Oscar-Nominierung für den besten ausländischen Film. Und das lange erhoffte Sprungbrett ins Ausland.

Seinen Komponisten wird Polanski später zu sich holen nach Hollywood. Seit sie sich 1957 an der Filmhochschule Lodz kennengelernt haben, besteht eine magische Verbindung zwischen dem Musiker und dem Regisseur. Komeda gibt sich diesen Künstlernamen in einer Zeit, als Jazz in Polen noch nicht öffentlich gespielt werden darf. Tagsüber arbeitet er als Hals-Nasen-Ohren-Arzt, nachts trifft er sich mit Gleichgesinnten in Kellern und Katakomben. Ein Leuchten im Dunkeln, ein Abschütteln auch des Kriegs und seiner Gräuel, die der 1931 in Poznan geborene, zarte Klavierschüler erleben musste. 1956 darf er mit seinem Sextett beim ersten Jazzfestival in Sopot ins Rampenlicht treten und wird über Nacht in seiner Heimat zum Star.

Kühle, moderne Musik mit warmem Herz

In seinem kurzen Leben war Krzysztof Komeda unfassbar produktiv, mehr als 65 Filme sind von seiner Musik geprägt. „Sie war kühl und modern, aber in ihr schlug ein warmes Herz“, beschreibt Polanski das Schaffen des Freundes. „Er war der Filmmusiker par excellence. Er gab meinen Filmen Wert. Sie wären wertlos ohne seine Musik.“ Polanskis Urteil kann man aktuell anlässlich einer Hommage im Berliner Arsenal-Kino überprüfen – es zeigt 14 Arbeiten Krzysztof Komedas für den Film, entstanden mit Regisseuren wie Roman Polanski, Jerzy Skolimowski, Jerzy Stefan Stawinski, Andrzej Wajda und Henning Carlsen.

Die Musik wird darin auch immer wieder selbst zum Protagonisten, wie in Wajdas Film „Die unschuldigen Zauberer“ von 1960. Der Jazz übernimmt quasi die Hauptrolle und führt in den Lebensstil der polnischen Bohème ein. Der umherstreifende Held, ein junger Arzt, spielt natürlich in einer Band, der auch Polanski und Komeda angehören.

Das Motiv des edlen Außenseiters - auf Bach basierender Jazz

Auch in „Penguin“, 1964 von Jerzy Stefan Stawinski gedreht, bezieht die Musik klar Partei für den schüchternen Andrzej, der sich, von auf Rache sinnenden Rockern umringt, nicht traut, der angebeteten Barbara seine Liebe zu gestehen. Das Motiv des edlen Außenseiters ist ein auf Bach basierender Jazz.

Und auch die Zusammenarbeit mit Polanski geht weiter, mit Filmen, die wie schon „Das Messer im Wasser“ die Grenze zum Psychothriller überschreiten und ihr Ende im Offenen finden. Auch mithilfe der Musik. In „Wenn Katelbach kommt...“ von 1966, Bären-Gewinner in Berlin, mischen sich gescheiterte Gangster unter die vermeintlich braven Bewohner einer Insel, die nur bei Ebbe zu erreichen ist. Erst klingt Komedas Soundtrack nach französischem Ganoven-Genre, dann aber beginnen die Töne sich zu verbiegen, und die Harmonien hören bald auf, harmlos zu klingen. Das Denken in Genre- und Standesgrenzen bietet keinerlei Zuflucht mehr.

Sicher zieht „Tanz der Vampire“ (1967) Saft aus einer entfesselten Farbdramaturgie, aber was wäre Polanskis Horrorkomödie ohne die Musik von Komeda, die sich hier Cembalo, Oboe, Querflöte und Chorgesang lustvoll unter den Nagel reißt. Der Soundtrack erscheint komplett auf LP und wird ein Riesenerfolg – wie das Wiegenlied in „Rosemary’s Baby“, die bekannteste Komposition Komedas. Es steht auch für das jähe Ende seiner Karriere in Hollywood. Alkohol, eine Kopfverletzung, Koma. Vier Tage vor seinem 38. Geburtstag stirbt Komeda am 23. April 1969, ein Komet, der das Signal für den Aufbruch vieler gab. Für dieses kostbare Gefühl der Freiheit, das er nicht nur Polen schenkte, wird er noch heute verehrt. Sich auf Komeda zu berufen bedeutet, sich auf den Weg zu machen. Erst mal ins Kino.

Kino Arsenal, bis 20. September, Infos unter www.arsenal-berlin.de.

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