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Kultur: Flucht aus Farben

KUNST

In einer Endlosschleife sieht man, wie sich eine Frau ein Männerhemd überstreift und sich eine Krawatte bindet. Das Rollenspiel soll durchsichtig werden, auch im patriarchalisch geordneten Armenien. Karine Matsakian wurde 1959 in der armenischen Hauptstadt geboren. Dass sie heute auch dort lebt, ist keinesfalls selbstverständlich. Mit der Unabhängigkeit 1991 hat ein Drittel der Bevölkerung die Heimat verlassen, auf der Flucht vor Armut und mafiösen Zuständen. Archi Galentz, Jahrgang 1971, lebt seit den Neunzigern in Berlin. Doch der Blick geht zurück nach „Hayastan“, wie die Selbstbezeichnung Armeniens lautet. „Haik“ nennt er einen Würfel, auf dessen Flächen er die heutigen, die historischen und die erträumten Grenzen des Landes gemalt hat. Viele Herrscher würfelten um das Land unter dem – heute zur Türkei gehörenden – Ararat. „Der Geist eines Künstlers ist jenseits von Realität“, verkündet Narek Avetissian und stellt seine These mit einem Fresko aus roten Farbinseln unter Beweis. Achot Achot entwirft dagegen wunderbare, weltentrückte Farbflächen.

„Nationalität? Identität!“ heißt die Ausstellung in der ifa-Galerie (Linienstr. 139/140, Di bis So 14 bis 19 Uhr). Mika Hannula, Rektor der Akademie für Bildende Künste in Helsinki, kennt die Künstler aus Berliner Studientagen. Einen Querschnitt durch die neue Kunstszene Armeniens wollte er nicht wagen, sondern vier Einzelpersönlichkeiten vorstellen. „Vier Armenier suchen einen Ausweg“ lautet das Motto. Trauer und Klage über das danieder liegende Armenien haben die Künstler geschickt versteckt.

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