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Kultur: Forsch, was kommt von draußen rein Das neue Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz

Vom „begonnenen Markenbildungsprozess“ spricht Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in seiner Jahresbilanz der Stiftung für 2010. Sie bildet den üblichen Auftakt des neuen Jahrbuchs (Bd.

Vom „begonnenen Markenbildungsprozess“ spricht Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in seiner Jahresbilanz der Stiftung für 2010. Sie bildet den üblichen Auftakt des neuen Jahrbuchs (Bd. XLVI/2010, Gebr. Mann Verlag, Berlin 2011, 506 S., 35 €). Diese Ausgabe ist selbst Ergebnis der „Markenbildung“, die Ende des vergangenen Jahres bereits zum Austausch des klassischen Preußenadlers im Signet der Stiftung gegen einen stilisierten Adlerkopf geführt hat. Im Jahrbuch verändert hat sich neben dem Layout die Zahl der Farbabbildungen, die sprunghaft gestiegen sind und nun auch bislang als zu beiläufig geltende Motive aus dem Alltag der Museumsarbeit einbeziehen.

Parzinger steuert die Stiftung seit seinem Amtsantritt 2008 auf Wissenschaftskurs. Unter seinen nicht weniger als fünf Aufsätzen, die neben dem Jahresbericht sowie der allfälligen Dokumentation von Festreden zu verzeichnen sind, ist derjenige über die „SPK als Forschungseinrichtung“ der perspektivisch wichtigste. Parzinger spricht ohne Wenn und Aber vom „Primat der Forschung“, dergegenüber „die Vermittlung der Erkenntnisse, also der Wissenstransfer, eine wichtige zusätzliche Rolle spielt“. Was das für die Staatlichen Museen heißen soll, deren Auftrag „Sammeln, Bewahren, Erforschen, Ausstellen“ – in gleichberechtigter Reihung! – lautet, bleibt vorerst offen.

Parzingers Begriff der „nahtlosen Vernetzung“ darf man als zentral für seine gesamte Strategie betrachten, wie sie in der schrittweisen Einbeziehung von Stiftungseinrichtungen in bestehende Forschungsverbünde zum Ausdruck kommt und in der Aufnahme der SPK als Vollmitglied der Deutschen Forschungsgemeinschaft Mitte 2011 ihren Höhepunkt gefunden hat. Die Vorteile dieser Statuserhöhung beschreibt der versierte Wissenschaftsmanager teils arg formal – etwa in der Betonung „personalrechtlicher Vorzüge“ –, teils aber als unmissverständliche Kritik am von ihm vorgefundenen Zustand: „Bei ihren Einrichtungen entsteht (durch die DFG-Vollmitgliedschaft) ein verändertes Qualitätsbewusstsein, die Notwendigkeit stärkerer Flexibilität wird gelebt und über die reinen Servicefunktionen hinaus wird die gezielte Forschungsorientierung stärker gelebt.“

Eine strukturelle Neuerung innerhalb der Stiftung stellt das „Stiftungsdirektorium“ dar, eine regelmäßige Konferenz der „Einrichtungsleiter“ zur Koordination spartenübergreifender Aufgaben wie etwa der Digitalisierung der Bestände. Dass Parzinger in seiner Verwissenschaftlichungsstrategie insbesondere auf das Humboldt-Forum verweist, dürfte im Verlauf der öffentlichen Debatte um die Inhalte des Schloss-Wiederaufbaus noch eine bedeutende Rolle spielen. Dort will der Präsident nämlich einen „lebendigen Ort nicht nur für Kunst und Kultur, sondern auch für Wissenschaft und Forschung sehen“ – mit Bibliotheken, Archiven und entsprechenden Arbeitsräumen.

Demgegenüber spielt der gleichfalls im Jahrbuch zu lesende Aufsatz über das Humboldt-Forum – ein Wiederabdruck aus der PR-Broschüre der Schloss-Stiftung – lieber mit dem Glanz an Weltaufgeschlossenheit, den das Forum auf „Interessierte“ ausstrahlen soll, als mit der Klausurarbeit ausgewählter Wissenschaftler.

Ihre Forschungsarbeit jedoch muss die Stiftung der Öffentlichkeit offensiv vermitteln. Es geht bei der Verwissenschaftlichung der SPK wahrlich nicht allein um das Parzinger bestens vertraute Terrain etwa der Drittmitteleinwerbung. Es geht darum, Wissenschaft und Forschung, die der Preußen-Stiftung eingeschlossen, als Ressourcen unserer Zukunftsfähigkeit in der Gesellschaft so breit als möglich zu verankern. Dazu erwarten wir das Wort des Präsidenten. Bernhard Schulz

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