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Ein Kopf, ein Ball. Lukas Podolski und Miroslav Klose beim 2:1 gegen Uruguay am 29. Mai 2011 in Sinsheim.

© Regina Schmeken

Fotografie: Über der Grasnarbe

Tanz mit dem Ball: Fast zwei Jahre lang hat die Fotografin Regina Schmeken die deutsche Fußballnationalmannschaft begleitet. Nun sind ihre Bilder im Berliner Martin-Gropius-Bau zu sehen.

Per Mertesacker ist ein Tänzer. Man glaubt das eigentlich gar nicht bei diesem 1,98-Meter-Schlaks mit den langen Gliedmaßen. Aber es gibt jetzt einen fotografischen Beweis. Mertesacker, der Verteidiger der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, hat Sami Khedira die linke Hand gereicht, die Finger seiner rechten hängen herunter, er ist dabei, das Gewicht vom einen auf den anderen Fuß zu verlagern. Eins, zwei, Wie-ge-schritt! „Überraschend kontemplative, fast intime Momente“ hat Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft, in den Fotografien von Regina Schmeken entdeckt. Dies ist einer davon. Auf den ersten Blick eine alltägliche Szene: abebbender Jubel unter Fußballern. Aber am Rand erkennt man Mertesacker, leichtfüßig wie nie.

„Unter Spielern – Die Nationalmannschaft“ heißt die Ausstellung der Fotografin Regina Schmeken im Berliner Martin- Gropius-Bau. Sie könnte auch „Unter Tänzern“ heißen wie eine frühere ihrer Schauen. Etliche der 45 Schwarz-Weiß- Motive haben etwas Tänzelndes: Da sind zwei behaarte Männerbeine, die Stutzen auf den Knöcheln, das eine schwebt quer in der Luft wie bei einer Ballerina. „Die Konstellation von Köperteilen“ findet Bierhoff an den Fotos faszinierend: Manuel Neuer, der Torhüter, kommt ihm auf einem der Bilder „fast wie ein Engel“ vor.

Schmeken hat den besonderen Ausdruck gesucht, „sei es im Fuß, sei es im Gesicht“. Knapp zwei Jahre lang hat sie die Nationalmannschaft für ihre fotografische Fußball-Feldforschung begleitet, unter anderem bei der Europameisterschaft in diesem Sommer. Sie ist mit dem Pressecorps zu den Spielen in die Ukraine geflogen, aber wenn die Meute die Freundin von Mats Hummels gleich nach der Landung in Charkiw auf die Gangway postiert hat, war sie ganz sicher nicht dabei. Auf einer der Schautafeln im Gropius-Bau wird Schmeken für ihre „genaue Wahrnehmung der Wirklichkeit“ gelobt. Es ist eine andere Wirklichkeit als die des gewöhnlichen Sportfotografen. „Das Ungewohnte für mich ist die eigentümliche Stille, die von ihren Bildern ausgeht“, sagt Bierhoff. Es gibt ein Foto von Khedira, der im Fünfmeterraum liegt. Es regnet, Khedira schaut versonnen in seine Hand, in der sich das Regenwasser gesammelt hat.

„Der Fußball hat nicht nur etwas Heldenhaftes“, sagt Bierhoff. „Es gibt auch Momente, wo man nicht so gut aussieht.“ Bei der EM ist der Nationalmannschaft ein bisschen die Leichtigkeit abhanden gekommen. Seitdem schleppt sie das Halbfinal-Aus gegen Italien mit sich. In der Ausstellung ist beides zu sehen: das Düstere, Schwere, Schmerzhafte, gerade in den Blicken der Spieler. Aber auch das Schwebende, fast Flirrende. Und in ihren besten Momenten schafft es die Nationalmannschaft immer noch zu leuchten.

Bis 6. Januar. Heute, Di, 10 - 19 Uhr. Sonst Mi - Mo 10 - 19 Uhr, Eintritt frei. Katalog bei Hatje Cantz, 29,80 €

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