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Jonathan Rado und Sam France sind Foxygen.

© promo

Foxygen im Berliner Frannz Club: Schüttelt euer Haar!

Abtanzen für alle: das kalifornische Psychedelic-Pop-Duo Foxygen rockt den Berliner Frannz Club.

Von Jörg Wunder

Als das kalifornische Psychedelic-Pop- Duo Foxygen vor ein paar Wochen ankündigte, seine Tournee mit neunköpfiger Band zu bestreiten, hielten das viele für einen Marketing-Gag. Zumal die Ortswahl für das einzige Deutschlandkonzert nicht auf große Gesten schließen ließ: Der Frannz Club ist ja eine eher bescheidene Location. Die Bühne bietet wenig Auslauf, erst recht, wenn das Publikum im ausverkauften Haus fast auf den Monitorboxen hockt. Doch dann kullern tatsächlich acht zu allem entschlossene junge Menschen aus dem Backstagebereich, sortieren sich und: legen los.

Aus dem Stand bildet sich ein tosender Rock-Orkan, aus dem die leidenschaftlichen Kiekser des einen beachtlichen Synchrontanz-Workout absolvierenden Mädchenchors herauspieksen. Die Girls schütteln ihre Drei-Engel-für-Charlie-Mähnen, bekommen aber gleich Konkurrenz. Denn als Letzter kommt Foxygen-Gründungshälfte Sam France dazu und lässt seinen wasserstoffblonden Schopf kreisen. Ohne Aufwärmphase wirft er sich in ein Stakkato exaltierter Rockstarposen, als hätte ein ambitionierter Choreograf die Bewegungsabläufe von Iggy Pop, Mick Jagger und Johnny Rotten zur sportiven Tanzpantomime verdichtet. Klar, dass er bei dem Tempo bald seinen bleichen, von keinem Tattoo, keiner Narbe entstellten Body entblößt und nun wie ein mit makellosem Alabasterkörper wiedergeborener Iggy wirkt.

Rhythmische Bocksprünge

Die ganze Derwisch-Nummer würde allerdings ins Leere laufen, wenn die Musik diese Energie nicht spiegeln würde. Sie tut es mit allem gebotenen Irrsinn, mit einem nie versiegenden Strom aus brillanten, oft nur für Sekunden ausformulierten Ideen, mit Refrainfetzen, Kurzsoli, mit irrlichternden Arrangements zwischen Drogenrock, Glam, Pop-Oper und Disco, die bei allem klauen, was früher gut und teuer war – Beatles, Zappa, Bolan, Rocky Horror, Chic –, und doch zu etwas Originärem verschmelzen.

Und was auf Platte noch etwas konstruiert klang, ergibt live grandiosen Sinn. Toll, wie die rhythmischen Bocksprünge der Songs den Moshpit immer wieder ausbremsen: Zum zart gesäuselten „Everyone needs Love“ kann man schlecht Pogo tanzen. Steuermann durch alle Stürme ist die andere Foxygen-Hälfte, Jonathan Rado, der hinter seiner Orgel aussieht wie Timm Thaler, kurz nachdem der sein Lachen verkauft hat. Na gut, er muss den ganzen Laden zusammenhalten und sich auch noch vor den wirbelnden Gliedmaßen seines Partners in Sicherheit bringen. Nach einer guten Stunde sieht nicht nur Sam France aus, als wäre er gerade aus dem Swimmingpool geklettert, sondern auch ein Großteil des Publikums. Was für ein Spaß!

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