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Kultur: Frauen sind die echten Kerle

Die Berliner Shakespeare Company spielt Komödien des Meisters

Shakespeare-Komödien haben es in sich. „Wie es euch gefällt“ und „Ende gut, alles gut“ gehören zu den vertracktesten von ihnen. Auf den ersten Blick stimmt nichts. Mit unverschämten Tricks werden tolldreiste Verwicklungen zusammengebastelt, das Ringen zwischen Helden und Schurken, Herrschern und Untertanen, Männern und Frauen kommt über Nacht in ruhiges Fahrwasser, mancher schlimme Bösewicht verkehrt sich in einen liebenswerten Gutmenschen. Und doch sind diese beiden Komödien von einer überbordenden Lebensweisheit. Sie zeigen den Menschen als Spieler und mutwilligen Gestalter eines Lebens, das Wirklichkeiten nur schwer erträgt. Auch die Liebe nicht. So heftig sie begehrt wird, so gefährdet bleibt sie auch.

Die Berliner Shakespeare Company machte sich zum diesjährigen Berliner „Open Air Klassik Sommer“ an die beiden schwierigen Komödien. Seit 1999 besteht die Company als unabhängiges Theaterensemble, 2001 gab sie ihr Debüt auf der Museumsinsel, in diesem Sommer spielt sie zusätzlich auch in der Kultur Brauerei Prenzlauer Berg. „Wie es euch gefällt“ wird in einer eigenen Stückfassung von Christian Leonard vorgestellt, die von den wild wuchernden Szenenabläufen nur noch ein Gerüst übrig lässt, dafür aber sprachlich frech in den heutigen Alltag vorstößt. Neun Darsteller, die sich als Zirkustruppe ausgeben, spielen auf einem dreistufigen Podest die etwa 20 Rollen, stellen Hof und Wildnis, böse Zivilisation und gute Natur mit ein paar Koffern und Schachteln her.

Vincianne Regattieri steuerte die Aufführung in einem klugen Rhythmus zwischen Übermut und Nachdenklichkeit. Ihre Spieler bauen den Wald in einer Pyramide aus Körpern, sie verwandeln sich in Schafe oder in den „Shakespeare“ genannten Hund, unterliegen den Stromstößen aufschießender Liebe und der trotzigen Verstellung durch angestrengte Gefühlskälte – das hat, von ein paar Längen abgesehen, fröhliche Rüpelhaftigkeit und Zärtlichkeit in einem. Im Mittelpunkt steht dabei Tjadke Biallowons als Rosalinde. Mit zauberhaft rauem Charme spielt sie ein Mädchen, das sich in männlicher Verkleidung aufreizend in Positur bringt.

Dann aber „Ende gut, alles gut“. Die von Sarah Kohrs betreute Aufführung in einer Textfassung nach Baudissin jagte sieben Darsteller durch die 14 großen und alle kleinen Rollen – Gentlemen, Lords, Hauptleute, Soldaten. Noch überlegener als bei „Wie es euch gefällt“ war die Handlung gestrafft, mit Tempo, Spott und Überlegenheit. Alexandra Surer spielte das Mädchen Helena, das sich den „höherstehenden“ Mann ihrer Wahl greift und zum ehelichen Gehorsam zwingt. Mit schnellen Verwandlungen hinter zwei Wandschirmen schuf das kleine Ensemble um Alexandra Surers Helena Gescheite und Dumme, Narren und Feiglinge. Diesmal fand alles auf dem untersten Podest statt, mit dem musikalisch vielseitigen Narren (Christian Benzhaf) als gebeuteltem und doch unverdrossenem Instrukteur. Sarah Kohrs baute Szenen fantastisch entfesselter Gestik um erzwungen/freiwillige Küsse, vertauschte Briefe und hinterlistig arrangierte Abenteuer. Victor Calero als Ehemann Bertram kostete die Lust explodierender Gefühle und entgleisender Körper, wie überhaupt das Akrobatische das Tempo der blitzgescheiten Aufführung immer wieder antrieb.

„Wie es euch gefällt“ wieder am 23. Juli, „Ende gut, alles gut“ am 24. Juli in der Kulturbrauerei.

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