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Kultur: Freak im Frühling

Der Frühling läßt Kleinkünstlerherzen höher schlagen: Mit dem Erwachen der Natur gewinnen die Menschen ihren Sinn für das Komische, Bunte und den Gesang zurück.Herzen entflammen, wollen tollkühn mit den Vögel umherfliegen oder verlieren sich im Schneeregen: Launisch, temperamentvoll und ein bißchen schräg - so hätte ein Varieté-Abend bezaubern können, der sich "Spring Time" nennt.

Der Frühling läßt Kleinkünstlerherzen höher schlagen: Mit dem Erwachen der Natur gewinnen die Menschen ihren Sinn für das Komische, Bunte und den Gesang zurück.Herzen entflammen, wollen tollkühn mit den Vögel umherfliegen oder verlieren sich im Schneeregen: Launisch, temperamentvoll und ein bißchen schräg - so hätte ein Varieté-Abend bezaubern können, der sich "Spring Time" nennt.Bernhard Paul hat ihn für den Berliner Wintergarten zusammengestellt.

Wenn man Eckart von Hirschhausen Glauben schenkt, dem moderierenden Mediziner, ist "Zauberei die Magie des völlig Unerwarteten".So gesehen war es ein zauberhafter Abend.Statt eines turbulenten Frühlingserwachens, eines circensisch taumelnden "Sacre du printemps", eröffnet das kanadische Artistenduo "Vis Versa" das Programm mit einer Darbietung, die der Schwerkraft mit Langsamkeit zu Leibe rückt.Perfekt ausbalancierte Körperfiguren verschieben sich in Zeitlupentempo in immer neue Formationen, die schweben, obwohl das statisch schier unmöglich scheint.Dazu wummern archaische Musikfetzen: Trance von Naturkräften in fahlblauem Licht.Jetzt mögen bunte Blumen sprießen!

Doch daraus wird nichts, hat doch die Programmfolge nun so etwas wie den "Freak im Frühling" vorgesehen.Peter Pitofsky gibt sich so völlig entseelt, daß seine Versuche einem Affen zu ähneln wirklich nicht interessieren können.Wenn er laut johlend mit dem Mikrofonständer auf den Rücken kracht, spürt man jedes menschliche Mitleid schwinden.Ein sabberndes Faktotum auf der Bühne, daß uns durch die Penetranz seines Auftritts dazu zwingt, es zu hassen.Eine perfide Situation, die schwer wie Blei über dem Saal lastet.Das Frösteln bekommt auch Eckart von Hirschhausen zu spüren, der durch das Programm führen soll.Nebenbei fungiert er als "amtierender Deutscher Meister der Zauberei".Mit so einem Titel muß man dem Publikum nichts mehr beweisen.Denkt er wohl, denn staunenswert ist sein funkensprühender Streichholz nicht gerade.

Doch es gab auch versprengte Highlights an diesem launischen Abend: Die Belgier Marc & Benji brachten neben pittoresk rotierenden Keulen auch etwas anarchistischen Charme in den Wintergarten.Consuelo Reyes jonglierte behende mit den Füßen.Ihren einzigen Siedepunkt erreichte die Stimmung als Patrick Leonard alias Frisco mit dem Diabolo tanzte.Dieses dem Jo-Jo ähnliche Instrument läßt der Kanadier um seinen Körper wirbeln wie ein Frühlingsgewitter - exzentrisch, tänzerisch virtuos.Danach Katerstimmung."Diese Show ist für ein breites Publikum angelegt", appellierte von Hirschhausen an die Trinkfreudigkeit der Zuschauer.Dem hätte man besser folgen sollen.Lieber trocken trinken als trocken feiern.Bernhard Paul zeigte sich nicht beim Schlußapplaus.Das war konsequent, schließlich war seine Handschrift den ganzen Abend unsichtbar geblieben.Außerdem war Paul gar nicht im Wintergarten bei seiner Premiere, sondern bei OLGA, der Landesgartenschau in Oberhausen.Dort wird jetzt sicher alles schön bunt und charmant - nur was wird unterdessen aus dem Wintergarten? "Spring Time" erinnert jedenfalls an zwei weniger beliebte Attribute des Frühlings: Müdigkeit und die Notwenigkeit eines kräftigen Hausputzes.

Bis 20.Juni, Montag bis Freitag 20 Uhr, Sonnabend 18 und 22 Uhr, Sonntag 18 Uhr.

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