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Frühjahrsauktion: Wellenschlag im Haus Lehr

Die 31. Berliner Auktion wartet nicht mit Hochkarätigem der Klassischen Moderne auf, dafür aber mit einer Fundgrube an Entdeckungen.

In sich versunken und konzentriert erscheint Wilhelm Rudolphs „Mädchen mit Ballon“. Im reizvollen Kontrast von Realismus und fast comicartiger Reduktion steht die Figur im blaugrünen Farbraum. Rudolph, vor allem durch seine Zeichnungen zur Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg bekannt, zeigt sich in dem Bild aus den frühen zwanziger Jahren als sensibler und moderner Beobachter. Nicht zuletzt weil das Frühwerk des 1982 verstorbenen Künstlers nahezu verloren ging, ist das anmutige Geschöpf eine Rarität, die zur heutigen Auktion bei Irene Lehr mit 10 000 Euro zum Aufruf kommt.

Gleichauf ist Erich Heckels „Schlangenbeschwörer im Varieté“ geschätzt, der jedoch ebenso wie Karl Schmidt-Rottluffs „Buddleja-Blüten“ (15 000 Euro) nicht zu den stärksten Papierarbeiten der Brücke-Künstler zählt. Womit die Eckpunkte der 31. Berliner Auktion markiert wären: Sie wartet nicht mit Hochkarätigem der Klassischen Moderne auf, dafür aber mit einer Fundgrube an Entdeckungen, und gerade im Niedrigpreissegment beweist Lehr einmal mehr ihr Gespür für Qualität und Überraschungen. Wozu neben Rudolf Ausleger oder Rudolf Jahns auch die 1897 in Moskau geborene Konstruktivistin Elena Liessner-Blomberg gehört, deren 1920 in pastosen Erdtönen gefertigte Collage „Stilleben mit Flasche“ mit 9000 Euro ins Rennen geht.

Der Katalogtitel ist der Grande Dame des Dadaismus gewidmet. Hannah Höchs späte Papiercollage „Am Leuchtturm – Kinderspielplatz“ besticht durch ein gar nicht kindliches, unheimliches Licht und ist auf 10 000 Euro geschätzt. Die höchsten Erwartungen der insgesamt 630 Losnummern wecken indes zwei Bilder von Bernhard Heisig. Mit je 25 000 Euro bewertet sind das 1995 aus einer Menschenmasse babylonisch aufragende „Gewieher“ und das drei Jahre jüngere „Als ich versuchte Puppen zu malen“. Zur bei Lehr angestammten Kunst der ehemaligen DDR gesellt sich in diesem Frühjahr die Nachkriegskunst westdeutscher Provenienz. Neben einer breiten Offerte an Informel sind die zurzeit international hoch gehandelten Zero-Künstler mit Spätwerken von Otto Piene (bis 2000 Euro) und Günther Uecker (bis 10 000 Euro) vertreten sowie von Heinz Mack, dessen 1961 mit schwarzer Ölkreide auf Aluminiumpapier gefertigte Frottage ohne Titel (Wellen) für günstige 1500 Euro angeboten wird. Michaela Nolte

Auktionshaus Lehr, Auktion am heutigen Samstag, 24.4., ab 13 Uhr, im Hotel Excelsior, Hardenbergstr. 14.

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