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Kultur: Funkenschlag

Die Kunstmesse „Berliner Liste“ feiert während der Berlin Art Week zehnten Geburtstag. Zeit für Veränderungen, findet ihr neuer Leiter.

Herr Funken, wie zufrieden sind Sie als neuer künstlerischer Leiter mit der Entwicklung der Berliner Liste?

Sehr zufrieden, weil sich zahlreiche Galeristen und Künstler entschlossen haben, an der Messe teilzunehmen.

Die älteste Berliner Kunstmesse hat eine Berg- und Talfahrt hinter sich. Die Orte wechselten in den vergangenen zehn Jahren ebenso wie die Geschäftsführer. Auch ihre Qualität wurde oft kritisiert. Weshalb muten Sie sich diesen Posten zu?

Dass diese Messe durchaus auch voller Merkwürdigkeiten war, hat mich gereizt. Für die Zukunft reden wir allerdings über Veränderungen. Eine Neuerung ist schon diesmal die Sonderausstellung „Gelistet“, in der ich meine Wahrnehmung von Kunst in Berlin weitergebe. Eine andere die neue „Photography Section“. Bleiben wird es bei der Messe für junge, internationale Kunst – einer Entdeckermesse.

Bleibt es auch dabei, dass Künstler sich selbst ausstellen können?

Ich bin erst im Februar dazu gestoßen. In der kurzen Zeit kann man einen mittelgroßen Tanker wie die Liste mit 131 Ausstellern nicht abrupt umlenken. Dennoch konnten wir die Qualität bereits erhöhen. Man hat mich ja auch gerufen, damit ich als Juror den Daumen hebe oder senke. Die Berliner Liste ist allerdings weder die Art Basel, noch eine andere Kunstmesse des gehobenen Preissegments. Hier kauft man Kunst für maximal 10 000 Euro. Künstler werden sich auch künftig ohne Galerie beteiligen können. Wie man sie einbindet, etwa in neuen Ausstellungsformaten, darauf kommt es an.

Welche Bewerber haben Sie abgelehnt?

Nein sage ich, wenn mir Kunst zu epigonal ist. Das war oft der Fall. Auch wenn Werke zu bescheiden im Anspruch, zu wenig individuell ausgeprägt wirken.

Wie bringen Sie die unterschiedlichen künstlerischen Genres unter ein Dach?

Grundsätzlich produziert eine Kunstmesse optischen Radau. Verdichtet auf 3000 Quadratmetern trifft man auf so viele unterschiedliche Positionen, dass es einer Struktur bedarf. Wir positionieren die Galerien so, dass ähnlich arbeitende Künstler in eine räumliche Nähe gebracht werden. Die Mischung soll sowohl Spannung erzeugen als auch optisch beruhigen. Wir sind aber keine Zensoren. Wir regen an und schlagen vor, aber wir ordnen nichts an.

Welchen Platz beansprucht die Berliner Liste in der hiesigen Kunstszene?

Das wird sich jetzt zeigen. Mit der Abschaffung des Art Forums ist ein Vakuum entstanden, das sich noch nicht wieder gefüllt hat. Das Art Forum war wie eine Pflanze, die man lange gezüchtet hat und die gerade anfing, Früchte zu tragen. Mit dem Wegfall ist meiner Ansicht nach eine unangenehme, fast schon tragische Situation entstanden.

Wie empfinden Sie die momentane Entwicklung der Stadt?

Berlin ist ein hochgeheizter Ort, an dem viele junge Künstler Probleme damit haben, ihren Marktwert durchzusetzen. Das Rheinland bietet meiner Ansicht nach an dieser Stelle bessere Strukturen. In Berlin tut man so, als sei festgeschrieben, dass die Stadt über einen langen Zeitraum hinweg angesagt bleibt. Es ist aber genauso möglich, dass in wenigen Jahren junge Künstler lieber nach Buenos Aires oder Rio de Janeiro gehen. Andererseits ist Berlin nach wie vor attraktiv. Jeden Monat ziehen cirka 50 ausländische Künstler hierhin. Das ist ein Potenzial, wie man es in Europa selten findet.

Interview: Pauline Piskac

Berliner Liste, 19.–22.9., Kraftwerk Berlin, Köpenicker Str. 70, berliner-liste.org

Interview: Pauline Piskac

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