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Kultur: Generation Rolf

POP

So leicht lässt sich der Geist von Rolf Eden nicht verscheuchen. Obwohl Berlins berühmtester Playboy sich längst von seiner Prestige-Disko Big Eden getrennt hat, strahlt sein Name mit ungeminderter Neonleuchtkraft in die Weiten des Ku’damms. Und auch im Innern bräuchte es schon einen hoch qualifizierten Exorzisten, um dem fortwährenden Spuken des ehemaligen Hausherrn ein Ende zu bereiten. Nicht, dass sich die neuen Betreiber keine Mühe gäben. Als der Laden im Februar wieder eröffnet wurde, konservierte man den unverwechselbaren Siebzigerjahre-Charme, mit dem Rolf Eden den Klub seinerzeit zur ersten Tanz-Adresse am Ku’damm gemacht hatte. Das Eden-Konzept jedoch, das sich gegen Ende hin immer stärker auf die Ausstellung weiblicher Sekundärmerkmale beschränkte, wurde rundumerneuert. Eine neue Reihe mit dem Titel „Club-Cabaret“ will an selige Zeiten anknüpfen, die Zwanzigerjahre und ihre Song-Erotik. Neben DJ-Sets gehören locker eingestreute Showeinlagen unterschiedlichster Art zum Programm, von Feuerschluckern bis zu Lesungen und Comedy.

Interessant wird die Eden-Reform aber eigentlich erst an den Stellen, wo hinter dem neuen Konzept der alte Spuk zum Vorschein kommt. Wo die wasserstoffblondierte Friseusenerotik der Bardame, eindeutig ein Relikt aus Rolfs Ära, mit dem Turnschuhschick der Neue-Mitte-Generation kollidiert. So schien sich beim Club-Cabaret-Abend am Freitag auch die amerikanische Spoken-Word-Performerin Lindy Annis nicht ganz sicher zu sein, wo sie da wohl gelandet war: „Zuerst dachte ich: Big Eden? Ist das das Gleiche wie Big Sexyland?“

Headliner des Abends war die Achtzigerjahre-Ikone Marc Almond . Der vormalige „Soft Cell“-Sänger sang sich – nur von einem Gitarristen und gelegentlichen Playback-Beats begleitet – durch ein Chansonprogramm und coverte dabei auch schon mal Brel. Auf Hits wie „Tainted Love“ warteten die Fans vergeblich. Als während seines – hinreißenden – Auftritts der an Tischen platzierte Teil des Publikums sich ganz cabaret-mäßig in Gespräche vertiefte, unterbrach Almond genervt seinen Vortrag. „Wenn ihr reden wollt, geht woanders hin! Das hier ist ein Konzert. Wenn ich in einer Wein-Bar auftreten will, dann suche ich mir eine Wein-Bar!“ Für den „dramatischen Ausbruch“ entschuldigte er sich jedoch schon nach dem nächsten Song.

Almonds Performance konnte leider nicht kaschieren, dass von den sechs angekündigten Programmpunkten nur drei stattfanden. Conferencier „Andreas 500“ führte gewandt durch den Abend, doch die angekündigte „Diakunst“ fiel flach. Und auch das Gerücht vom Auftauchen der Pet Shop Boys, von den Klub-Betreibern werbewirksam lanciert, erwies sich letztlich als Ente – Neil Tennant und Chris Lowe waren nirgendwo zu sehen. Nichts als Gespenster.

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