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Kultur: "Girlfight": Die Sprache des Körpers

Sie trägt Männerkleider. Schnürstiefel und Army-Kluft, khakigrün.

Sie trägt Männerkleider. Schnürstiefel und Army-Kluft, khakigrün. Ihr Blick ist eine Zumutung. Wut liegt darin und Abwehr, eine kaum unterdrückte Gewalt. Diana steht im Korridor der Highschool, aus den Klassenräumen strömen die anderen schwatzend vorbei. Diana steht da, allein, mit den Augen einer Kriegerin. Und wenn ihre Freundin von den Mädchen mit den schicken Klamotten und den geschminkten Mündern beleidigt wird, schlägt sie zu. Die Schulleiterin droht mit Rausschmiss. Du musst lernen zu reden, statt dich zu prügeln, sagt sie.

Das Leben in Brooklyn ist ein Krieg. Jedenfalls, wenn man in einem der sozialen Wohnprojekte aufwächst. Dianas Vater trinkt, ihre Mutter hat sich umgebracht, ihr kleiner Bruder ist ein sanfter Junge, der heimlich malt und wider Willen zum Boxtraining geht. Kids wie Diana riskieren es täglich, im Fahrstuhl vergewaltigt zu werden. Nein, Diana will keine Dame werden, kein Girlie. Auch keine von diesen jungen Müttern, die halb erwachsen schon einen Kinderwagen vor sich herschieben. Diana will boxen.

"Girlfight" ist die Geschichte einer Selbstbehauptung. Ein einfacher, altmodischer, berührender Film, der sich auf eine einzige Figur konzentriert: auf Michelle Rodriguez als Diana. Sie geht trainieren und schlägt sich durch. Gegen die Männer im Boxring und zu Hause gegen den Vater. Sie bekommt Muskeln, ist erschöpft, gibt nicht auf. Gewinnt ihre ersten Amateurkämpfe. Verliebt sich. Eine zarte Liebe, mitten in einer harten Welt. Wie schmeckt der Kuss eines Boxers?

Die junge Regisseurin Karyn Kusama achtet auf die kleinen Dinge, in denen die großen Gefühle aufscheinen. Die Liebe ist eine Autofahrt, in der die Lichter der Großstadt in der Frontscheibe reflektieren - nichts Besonderes also. Diana ist auch keineswegs schön. Boxen macht auch die Fingerknöchel wund, bis eine Hornhaut wächst. Selbst die Kämpfe im Ring haben einen begrenzten Schauwert. Aber Kusama stattet sie mit befremdlichen Affekten aus, mit Flamenco-Musik oder wahlweise klassischen Klängen, mit Ambient-Sound und Percussion. Sie experimentiert, wie Diana, ihre Heldin.

Der Film zieht einen unpopulären Schluss. "Girlfight" schließt sich dem Plädoyer der Schulleiterin nicht an. Die Gewalt ist da, zumal in Brooklyn. Es geht nicht darum, ihr ein Ende zu bereiten, sondern darum, nicht ungezielt um sich zu schlagen. Kusama zeigt, dass geballte Fäuste miteinander kommunizieren können. Ihre Bilder entziffern die Sprache der Körper. Für einen Debütfilm ist das ziemlich viel.

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