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Gläubigerversammlung stimmt Insolvenzplan zu: Das Gestrüpp will sich lichten

Erfolg für die Verlegerin: Die Gläubigerversammlung stimmt der Umwandlung des Suhrkamp Verlags in eine Aktiengesellschaft zu.

Ein Schild an der Tür verkündet unübersehbar, um was es an diesem Dienstagvormittag um 10 Uhr im Sitzungssaal 120 des Amtsgerichtes Charlottenburg geht: um die Suhrkamp Verlag GmbH & Co Kommanditgesellschaft, „wg Unternehmensinsolvenz“. Darunter stehen etwas kleiner die Zeit, der Name des Sachwalters, das Aktenzeichen, die Besetzung und die Terminart. Es handelt sich um einen sogenannten Erörterungs- und Abstimmungstermin. Die Gläubigerversammlung des insolventen Suhrkamp Verlags soll über den Insolvenzplan und damit auch über die Änderung der Gesellschaftsform des Verlags abstimmen.

Zweieinhalb Stunden später ist dann zwar sicher nicht Rechtsgeschichte, aber doch Suhrkamp-Verlagsgeschichte gesprochen worden.  Die Gläubigerversammlung, bestehend aus den Gesellschaftern, dem Pensionssicherungsverein sowie den Autoren, Papierherstellern, Druckereien und anderen, hat fast geschlossen dem Insolvenzplan und damit der Umwandlung des Verlags in eine Aktiengesellschaft zugestimmt. Der Suhrkamp Verlag als Kommanditgesellschaft gehört ziemlich sicher der Vergangenheit an – und damit die erbitterten Kämpfe der beiden Gesellschafter, da die Geschicke des Suhrkamp Verlags fortan von einem Vorstand bestimmt werden.

„Einen entscheidenden Schritt“ seien sie vorangekommen, sagen die Generalbevollmächtigten und Sachwalter des Insolvenzverfahren, Ralf Rattunde und Frank Kebekus, im Anschluss an die Versammlung. Tatsächlich kann Minderheitsgesellschafter Hans Barlach zwar noch die eine oder andere Rechtsbeschwerde einlegen, aber die Hürden dafür, so Kebekus, seien vom Gesetzgeber hoch angelegt.

Hans Barlach war gar nicht erst nach Berlin gekommen, zu gering erschien ihm wohl die Aussicht, dass die Gläubigerversammlung in seinem Sinn gegen den Sanierungsplan stimmen würde. Es geht an diesem Dienstag im Amtsgericht Charlottenburg auch eher ruhig und entspannt zu, trotz der vielen Medienvertreter, die sich vor der Tür des Saals 120 versammelt haben, der Abstimmung aber nicht beiwohnen dürfen. Ein paar Autoren sind gekommen. Rainald Goetz und Thomas Meinecke sitzen in der ersten Reihe des Sitzungssaals, später trudeln mit alles andere als angespannten oder gar sorgenvollen Gesichtern Andreas Maier, Albert Ostermaier, Durs Grünbein, Marcel Beyer und Ralf Rothmann ein. Thomas Meinecke sagt, dass er schon lange nicht mehr in einem Gerichtssaal gewesen sei, ihm vor allem die Lektüre des Insolvenzplans aber Spaß gemacht habe, „reine Prosa“ sei das.

Auch die Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz ist anwesend, ebenso ihre beiden Geschäftsführer Thomas Sparr und Jonathan Landgrebe. Insgesamt sind mit der Richterin des Amtsgerichts Wenzel und den Anwälten der jeweiligen Parteien knapp sechzig Leute bei der Abstimmung dabei. Von 135 Gläubigern, die mittels einer Vollmacht oder eben persönlich im Saal abgestimmt haben, spricht Sachwalter Rattunde später, dabei habe es eine Gegenstimme gegeben (und natürlich die von Hans Barlach als Minderheitsgesellschafter).

Überhaupt machen Rattunde und Kebekus einen zufriedenen und auch sehr selbstsicheren Eindruck, als sie gegen Mittag noch einmal Fragen beantworten. Selbstredend sei in Sachen Suhrkamp Verlag „jetzt nicht alles eitel Sonnenschein“, so Kebekus. Aber viele seiner Äußerungen deuten darauf hin, als seien nun der Insolvenzplan, die Umwandlung des Suhrkamp Verlags in eine Aktiengesellschaft und das Aussetzen der Insolvenz nach der noch ausstehenden Bestätigung der Abstimmung durch das Amtsgericht nur noch eine Formsache. Kebekus bestätigt auch noch einmal, dass die laufenden Verfahren in Frankfurt (zum Beispiel die Klagen auf gegenseitigen Ausschluss) und auch in Berlin (wo es um die Abberufung der Geschäftsführung geht) keinen Einfluss auf das laufende Insolvenzverfahren hätten und es hierbei immer um den Gesellschafterstreit und die Kommanditgesellschaft gehe. Aber eigentlich müsste sich das mit Suhrkamp als Aktiengesellschaft dann ja auch erledigt haben, so Kebekus. Präziser wird er nicht, auch nicht bei der Frage, ob das Insolvenzverfahren nicht doch nur der Entledigung eines unliebsamen Gesellschafters gedient habe. Hans Barlach bleiben nun noch weitere Rechtsbeschwerden, nicht zuletzt eine Verfassungsbeschwerde (deren Erfolg Kebekus sehr skeptisch beurteilt). Und er kann fortan Aktienbesitzer bleiben, Minderheitenaktionär eben. Oder seine Aktien verkaufen - was bei den im Raum stehenden Zahlen pro Aktie alles andere als lukrativ ist. Es sieht nicht gut aus für Barlach. Gerrit Bartels

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