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Glosse: Totale Erinnerung

Ob Peter Hook, Van Halen, Soundgarden, die Ärzte oder die Beach Boys: Sie alle machen immer weiter. Früher war Pop flüchtig, heute will er ewig sein.

Es muss schon eine Ewigkeit her sein, dass in der Popkritik immer mal wieder die Rede vom Tod eines bestimmten Genres war. Grunge ist tot, Rock`n` Roll ist tot, Hip-Hop ist tot, die Liste ließe sich beliebig verlängern. Das Schöne daran: Das Gegenteil, die enorme Lebendigkeit eines Genres, konnte gleichermaßen schnell bewiesen werden. Seit ein paar Jahren stirbt im Pop jedoch kein einziges Genre mehr. Jeder Popmusiker, der noch auf zwei Beinen stehen und ein Instrument oder Mikro halten kann, kehrt auf die Bühne zurück oder macht einfach immer weiter Musik, neue oder alte. Von Van Halen gibt es ein neues Album, die übrig gebliebenen Beach Boys treten wieder gemeinsam auf (will vor allem heißen: mit Brian Wilson), auch die Ärzte veröffentlichen im April wieder ein Album mit neuen Songs. Und der Ex-Joy-Division und Ex-New–Order-Bassist Peter Hook hat seit neuestem eine Joy-Division-Cover-Band, die Peter Hook and The Light heißt und gerade auf „Unknown-Pleasures-Live-Tour“ ist (am Montag in Berlin im K 17). Auch diese Liste könnte beliebig verlängert werden.

Was das alles soll? Schwer zu sagen. Vielleicht hatten die Lassie Singers doch recht, als sie damals sangen: „Nur weil wir keine Ausbildung haben, machen wir den ganzen Scheiß.“ Was bleibt Popmusikern also übrig? Das Problem ist nur, dass Pop, ein guter Popsong meist etwas für den Augenblick ist. Oder besser: war. Zum Beispiel müsste Pete Townsend, der weiterhin „My Generation“ live performt, damit inzwischen etwas völlig anderes meinen als seinerzeit. Was früher flüchtig sein sollte, hat heutzutage gute Chancen, ein Klassiker zu werden. Vor dem zählebigen Pop, der ohne Unterlass seine grandiosen Momente vergegenwärtigt, gibt es kein Entrinnen. Man könnte auch von totaler Erinnerung sprechen.

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