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Foto: Lucas Jackson, Reuters

© REUTERS

Kultur: Großhippie

Der Rock-Gitarrist David Crosby wird 70

Die Message ist ein Mantra. „Everybody’s sayin’ Music is Love“, säuselt die Stimme, nur begleitet von einer Akustikgitarre und Bongos. Immer wieder, 18 mal in drei Minuten. Allerdings wollte 1971 von dieser Botschaft keiner mehr etwas hören. Der südkalifornische Sommer der Liebe lag vier Jahre zurück, David Crosbys erstes Soloalbum „If I Could Only Remember My Name“ mit dem programmatischen Song „Music is Love“ floppte gnadenlos. Heute gilt die Platte, auf der auch Mitglieder von Grateful Dead, Jefferson Airplane und Santana mitwirkten, als Meisterwerk, das mit seiner lässig ineinanderfließenden Melange aus Folk, Country und Blues stilprägend war für ein Genre, das inzwischen „Americana“ genannt wird.

David Crosby gehört zu den am meisten unterschätzten Größen der Rockgeschichte. Dabei wurde er gleich zweimal in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen, mit den Byrds und mit Crosby, Stills & Nash (C,S & N). Doch bei den Byrds stand er im Schatten des Leadsängers Roger McGuinn, und auch bei C,S & N galt er zu Unrecht als Sideman. Die Byrds warfen den Mitverfasser der verkappten LSD-Hymne „Eight Milies High“ nach fünf Alben raus, weil er in Interviews allzu offen über seinen Drogenkonsum geredet hatte. So gründete er mit Stephen Stills von Buffalo Springfield und Graham Nash von den Hollies eine Supergroup, der sich auch Neil Young anschloss.

Ihr zweites Konzert absolvierten C,S&N in Woodstock, es war, so Crosby, der „Big Bang“ für die Band, der ihr zweites Album „Déjà Vu“ wochenlang an die Spitze der US-Charts katapultierte. „Entscheidend“, schwärmte der Gitarrist, „war der Moment, wo alle aus dieser Generation von Hippies einander in die Augen schauten und sagten: Wir sind keine Minderheit, es gibt Millionen von uns, und wir sind das, was hier gerade geschieht.“ In den achtziger Jahren folgte der Absturz, Drogen und Alkohol führten Crosby an den Rand des Todes und für fast ein Jahr ins Gefängnis. Seine Wiederauferstehung feierte er 1989, nun weitgehend clean, mit dem zweiten Solo-Album „Oh Yes, I Can.“ Heute tourt er meist mit seinem alten Kumpel Graham Nash, gibt Benefizkonzerte für die Fukushima-Opfer und wettert über die „Finanzhaie“, die das Rockbusiness übernommen hätten. Am heutigen Sonntag wird David Crosby 70. Er bleibt, was er war: ein Hippie. Christian Schröder

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