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Kultur: Handel ist der Wohlstandsquell - Wie viel Macht bleibt der Politik in der Globalisierung?

Bücher zur globalen Wirtschaft verkaufen sich derzeit prächtig. Titel wie "Die Globalisierungsfalle.

Bücher zur globalen Wirtschaft verkaufen sich derzeit prächtig. Titel wie "Die Globalisierungsfalle. Der Angriff auf Demokratie und Wohlstand" oder "Terror der Ökonomie" sind Bestseller. Nun hat Carl Christian von Weizsäcker eine weitere Publikation zum Thema vorgelegt. Der Volkswirt an der Universität zu Köln räumt darin mit vielen vulgärökonomischen Vorurteilen auf, die dem Freihandel entgegenschlagen. In der "Logik der Globalisierung" rückt der langjährige Vorsitzende der Monopolkommission ins Licht, was viele in der bisherigen Globalisierungsdebatte im Dunkeln lassen: Freihandel ist die Quelle des hohen Lebensstandards unserer Gesellschaft. Das Exportland Deutschland profitierte nach dem Zweiten Weltkrieg wie kaum eine andere Nation von offenen Märkten. Ohne einen liberalisierten Handel wäre das Wirtschaftswunder undenkbar gewesen. Alle Bevölkerungsschichten hätten durch den freien Verkehr von Kapital, Waren und Diensten gewonnen. Der Wettbewerb, so von Weizsäcker, sporne die Unternehmen an, immer wieder neue Güter und Produktionsverfahren zu entwickeln. König sei der Kunde.

Dann greift der Professor die populäre These auf, heimische Politiker hätten auf Grund der Globalisierung jegliche Handlungskompetenz verloren. Stehen sie der Macht des internationalen Kapitals hilflos gegenüber? Erneut steuert der Ökonom auf Konfrontationskurs: Gerade weil Unternehmen an den jeweils attraktivsten Standorten investieren und hoch qualifizierte Arbeitnehmer mobil sind, falle der nationalen Politik eine Schlüsselrolle zu. Sozialpolitik, Umweltpolitik und Steuerpolitik entschieden über die Wettbewerbsbedingungen - mehr denn je. Statt eines koordinierten Vorgehens auf internationaler Bühne fordert er variantenreiche nationale Politikexperimente. Diese lösten einen Lernprozess aus, der den Erkenntnisfortschritt mit Versuch und Irrtum, Erfolg und Misserfolg vorantreibe.

Von Weizsäcker bringt sein Credo auf den Punkt, wenn er schreibt: "Die Weltprobleme werden dadurch gelöst, dass man der Wirtschaft die Führungsrolle vor der Politik überlässt." Das ist nach Auffassung von Weizsäckers der notwendige "Rahmen für die globale Marktwirtschaft". Globalisierung als Breitband-Antibiotikum? Die Thesen des Kölner Wirtschaftsliberalen ecken an. Der Text ist dort stark, wo er die Funktionsweise des Freihandels wirtschaftswissenschaftlich beleuchtet. Die Vorteile offener Märkte erklärt er so, dass sie sogar der Laie versteht. Das Buch enttäuscht hingegen, wenn es um die Rolle demokratischer Politik geht. Hier entpuppt sich von Weizsäcker als ähnlicher Schwarz-Weiss-Maler wie die vielen Globalisierungs-Kritiker vor ihm. Im Finanzsektor sieht er den "Wahrheitsmechanismus der Gesellschaft". Sobald jedoch die Politik ins Spiel komme, sei ein effizientes Wirtschaften kaum mehr möglich. Der Staat, egal ob demokratisch legitimiert oder nicht, sei träge und blockiere den Wandel. Die Fülle an Pauschalurteilen aus der Feder eines Wissenschaftlers vom Range von Weizsäckers erstaunen. Waren es nicht immer wieder status-quo-orientierte Wirtschaftslobbyisten, die sich dem politischen Weg zu einem liberalisierten Welthandel entgegengestellt haben? Oder wie weit denken Unternehmen, wenn sie die ökologischen Kosten ihrer Aktivität nachfolgenden Generationen aufbürden? Marktwirtschaft entwickelt sich nur dann zum Wohle aller, wenn sie sich in einem institutionellen Ordnungsrahmen bewegt.Carl Christian von Weizsäcker: Logik der Globalisierung. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, 173 Seiten, 19,80 Mark

Olaf Tidelski

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