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Der Architekt Hans Kollhoff.

© picture alliance / dpa

Hans Kollhoff zum 70.: Tradition und Strenge

Der Berliner Architekt Hans Kollhoff nimmt sich oft bewusst zurück - und schafft dabei beeindruckende Bauten. Heute wird der 70 Jahre alt.

Als der Privatmann Heiner Bastian gegenüber der Museumsinsel ein Galeriehaus bauen wollte, legte Hans Kollhoff einen Entwurf in Form eines Tempelbaus auf hohem Sockel vor, darin an die nahe gelegene Alte Nationalgalerie anknüpfend. Helles Entsetzen beim interessierten Publikum. Gebaut hat dann David Chipperfield, in nobler Art, doch ohne wie Kollhoff klassizistische Formen wie Säulen und Dreiecksgiebel zitierend.

Nun ist Hans Kollhoff alles andere als ein Provokateur, er ist ganz im Gegenteil ein Architekt, der sich bewusst zurücknimmt. Einmal umriss er seine Haltung mit den Worten, er sehe es als Herausforderung, „sich in eine Kontinuität zu stellen mit den Vorgängern, die nicht nur auf einem Egotrip waren, sondern ihren Beitrag zu einer Überlieferung geleistet haben, an die die nächste Generation wiederum anknüpfen konnte“. Gleichzeitig verwarf er eine Architektur, „die um jeden Preis interessant sein will und sonst gar nichts“.

Wer nun denkt, dass Kollhoff nach einem feststehenden Schema entwirft, liegt gründlich falsch. Sein mittlerweile sehr umfangreiches architektonisches Werk zeigt Ausflüge in alle Richtungen, zeigt Entwicklung und Risiko. Das bekannteste Bauwerk des 1946 im thüringischen Lobenstein geborenen und in Karlsruhe und Wien ausgebildeten Kollhoff ist das Hochhaus am Potsdamer Platz, das einzige ringsum, das die „klassische“ Hochhausarchitektur zitiert und beim Betrachten eine Ahnung gibt von Höhe, von Aufragen, von „Wolken kratzen“. Dasselbe hat er in Frankfurt beim Maintower unternommen und Sockel, Schaft und Abschluss als die drei Elemente des klassischen Hochhauses überdeutlich herausgestellt.

Seine Vorbilder sind in der „anderen Moderne“ zu finden

Gerne arbeitet Kollhoff mit Backstein, so bei seinem enormen Wohnblock im Amsterdamer Hafen von 1994 oder auch längs der Ringbahntrasse in Wilmersdorf. Dann wieder hat er Naturstein ausprobiert, so bei den „Leibnizkolonnaden“ nahe dem Ku’damm, deren formale Strenge anfangs heftig befehdet wurde. Bei der Umgestaltung der einstigen Reichsbank zum Außenministerium des wiedervereinten Deutschland hat Kollhoff gezeigt, was Repräsentation, ohne sich zwanghaft wegzuducken, heutzutage heißen kann.

Kollhoff ist ein streitbarer Architekt, der sich bei zahllosen Podiumsdiskussionen, sowie in eigenen Büchern wie „Das architektonische Element“ äußert. Seine Vorbilder sind in der „anderen Moderne“ zu finden, jenen kaum noch bekannten Architekten, die im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts auf den Modernisierungsdruck reagierten, ohne allein die Stahlglasbetonbauweise zu propagieren. Namen wie Muthesius, Gessner, Bernoulli nennt er, die allenfalls dem Bauhistoriker geläufig sind. Doch gerade so will er selbst bauen: als Teil und Teilnehmer einer Tradition, die nicht abgerissen, sondern fortgeführt wird. Das zeitigt bisweilen wunderliche Ergebnisse wie die gotisierende Kaufhausfassade (ausgerechnet) in Chemnitz, andererseits einen so schönen Renaissance-Palazzo wie die Bankzentrale im thüringischen Meiningen. Aus der zeitgenössischen Architektur ragt Kollhoff heraus als, man kann es nicht besser sagen: Baumeister. Heute wird er 70 Jahre alt.

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