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Kulturforum in Berlin Tiergarten. Gemäldegalerie, Kunstgewerbemuseum, Kupferstichkabinett und Kunstbibliothek.

© Mike Wolff

Nicht verpassen: Heilige Fußnägel

Noch einen Monat ist die Ausstellung "El Siglo de Oro" in der Gemäldegalerie zu sehen. Die Meisterwerke von Velázquez, El Greco und Ribelta überwältigen.

Der Untertitel der überwältigenden Ausstellung "El Siglo de Oro" in der Berliner Gemäldegalerie lautet „Die Ära Velázquez“. Diego Velázquez war Hofmaler von Philipp IV., der auch „der Große“ und „König der Welt“ genannt wurde. Die in Madrid entstandenen Porträts des Künstlers sind unübertroffen. Aber natürlich war das 17. Jahrhundert in Spanien auch die Ära von El Greco, des Barockavantgardisten, der am Madrider Hof zurückgewiesen wurde und in Toledo starb.

Farben und Formen explodieren

So wird der Besucher gleich im ersten Saal von vier Gemälden El Grecos empfangen, die seine Entwicklung eindrucksvoll veranschaulichen. Der „Gekreuzigte Christus mit zwei Stiftern“ zeigt noch einen makellosen, porzellanhaft schönen Körper, während der expressiv gezackte Himmel kommendes Unheil ankündigt. El Grecos „Sankt Martin“ ist ein seltsamer Heiliger mit überlängerten Gliedern, der auf einem deutlich zu kurz geratenen Pferd reitet und für den Bettler ein angeberisches Seidentuch durchschneidet. Die „Unbefleckte Empfängnis“ wird dann endgültig zu einer Explosion von Farben und Formen, bei dem sich Maria von Engeln gehalten in den Himmel schraubt.

Hirnmasse quillt aus dem Heiligen

Spanien war damals die größte Weltmacht, zum Imperium – das belegt eine wandgroße Karte im Eingang der Ausstellung – gehörten Territorien auf fünf Kontinenten. Doch im Mutterland tobten Hungersnöte, Aufstände und die Inquisition. Vielleicht hatten die Künstler deshalb einen so unbarmherzig realistischen Blick. Pedro Orrente präsentiert den Heiligen Jakobus unmittelbar nach seiner Ermordung, aus dem eingeschlagenen Kopf des Märtyrers fließen Blut und Hirnmasse. Der Apostel Paulus von Francesc Ribalta hat dreckige Fußnägel. Und der große Velázquez lässt es sich nicht nehmen, seinen Auftraggeber Philipp IV. mit dem berühmten Habsburger Unterbiss abzubilden. Das 17. Jahrhundert, eine Ära ohne Zahntechniker.

Gemäldegalerie am Kulturforum, bis 30. Oktober, Di–Fr 10–18, Do bis 20 Uhr, Sa/So 11–18 Uhr.

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