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Kultur: Heiner Müllers Texte nachgebaut von Hannes Hametner und Marc Pommerening

Zwischen Sprache und Spiel ist ein Widerstand geschaltet. Heiner Müllers Texte für das Theater entziehen sich in ihrer gedanklichen Dichte einer schnellen, naiven Versinnlichung.

Zwischen Sprache und Spiel ist ein Widerstand geschaltet. Heiner Müllers Texte für das Theater entziehen sich in ihrer gedanklichen Dichte einer schnellen, naiven Versinnlichung. Die Verse können nur "verstanden" werden, wenn ihre Struktur sorgsam nachgebaut wird. Hannes Hametner und Marc Pommerening, Regiestudenten der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch", haben mit ihrer Abschlussarbeit "Anatomie Titus Fall of Rome" nach diesem Grundsatz gearbeitet. Im 3. Stock der Volksbühne geht eine fast dreistündige Aufführung über die Bühne, die mit einer geometrisch exakten Figuration der Spieler beginnt. Ein auf Rollen gelagerter Bretterzaun (Bühne: Jörg Landgraf) lässt zunächst nur in der ausgesägten Mitte den Blick auf die nackte Bühne frei, baut dann aber die Szenen, Begrenzungen bildend, Räume herstellend. Und auch das Spiel kommt, wie der Zaun, allmählich in Bewegung, findet aus verhaltener Ruhe heraus. Und bleibt doch seltsam spannungslos.

Heiner Müller hat Shakespeares "Titus Andronicus" als eine der Kolonialschlachten unserer Zeit ausgelegt, er schrieb einen "Shakespearekommentar", ein Schulstück über die Konflikte zwischen erster und dritter Welt. Der Neger Aaron trägt die Rolle des Bösewichtes, der das scheinbar zivilisierte Rom intellektuell und blutig demontiert. Hametner und Pommerening lassen Aaron (Martin Engler) in einer Zirkusuniform auftreten, ohne schwarze Schminke, als Meister der Manege. An einem Seil an der Rückwand der Bühne hoch über der Szene hängend, gibt er seine Kommentare, mischt sich dann ins Spiel, mit clownesker Unverfrorenheit. Im heterogen zusammengesetzten Ensemble ist das die beste Leistung, sonst wird die Mühe mit Müllers Sprache noch sehr deutlich, das Finden und Behaupten von Figuren gelingt nur im Ansatz. Auch Zeichen wie die als Waren und Mord-Botschaften gehandelten Schädel oder die in einer Kiste geborgenen Handstümpfe bewegen das Spiel nicht entschlossen genug. Im Versuch, Vorgänge nur verfremdet zu zeigen, bauen die Regisseure ganz auf die Eigentümlichkeit der Sprache - aber das Stück kommt nicht in Schwung, sein Rhythmus ist nicht erfasst, die sich in rasender Konsequenz von Bluttat zu Bluttat fortreißende Handlung bleibt trotz gelegentlicher, exaltierter gestischer Entladungen gleichförmig. Hametner und Pommerening, das bewiesen ihre vorhergehenden Arbeiten, sind Text-Deuter, die in einer eher dienenden Haltung zu ihren Vorlagen bleiben.Wieder heute und morgen, 29. 9. bis 2. 10., jeweils 20 Uhr

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