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Kultur: Helm ab zum Gebet

Als einen Durchbruch in den Beutekunstverhandlungen hat Staatsminister Julian Nida-Rümelin die Rückgabe der Glasfenster der Marienkirche in Frankfurt/Oder gewertet: "Das ist eine große Sache, nicht nur eine Fußnote", erklärte der Minister nach einem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Michail Schwydkoj. Die Rückgabe sei die erste nennenswerte Restitution seit zehn Jahren und Zeichen einer neuen Qualität in den wegen unterschiedlicher Rechtsauffassungen zwischenzeitlich in einer Sackgasse gelandeten deutsch-russischen Beziehungen.

Als einen Durchbruch in den Beutekunstverhandlungen hat Staatsminister Julian Nida-Rümelin die Rückgabe der Glasfenster der Marienkirche in Frankfurt/Oder gewertet: "Das ist eine große Sache, nicht nur eine Fußnote", erklärte der Minister nach einem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Michail Schwydkoj. Die Rückgabe sei die erste nennenswerte Restitution seit zehn Jahren und Zeichen einer neuen Qualität in den wegen unterschiedlicher Rechtsauffassungen zwischenzeitlich in einer Sackgasse gelandeten deutsch-russischen Beziehungen. In mittelfristiger Zukunft erwarte er größere Lösungen in den Verhandlungen, kündigte Nida-Rümelin an: "Den jetzigen mühseligen Weg mit lauter Einzelverhandlungen können wir nicht bis zum Ende des 21. Jahrhunderts fortsetzen."

Gleichzeitig wurden bei dem Treffen sieben Bilder an Russland zurückgegeben, die vermutlich von der Wehrmacht aus den Palästen rund um St. Petersburg geraubt worden waren. Beide Seiten rechnen mit einer raschen Fortsetzung der Verhandlungen jenseits rechtlicher Differenzen. Es gebe in dem gigantischen Beutekunst-Bestand durchaus noch Spielräume und Teile, die nicht unter das umstrittene Duma-Gesetz fallen, das die Beutekunstwerke zu russischem Eigentum erklärt, so Nida-Rümelin. "Auch wenn ich noch einmal betonen muss, dass wir das Duma-Gesetz für völkerrechtswidrig halten: Der Austausch von Rechtspositionen führt uns nicht weiter." Auch Schwydkoj machte keinen Hehl daraus, dass er das Duma-Gesetz nicht unterstützt: "Ich bin zwar als Beamter an die Gesetze gebunden, aber mir gefällt unsere Gesetzgebung in dieser Hinsicht auch nicht so gut."

Der russische Kultusminister betonte sein Interesse an einem guten Verhältnis zu Deutschland: "Unterschiedliche Rechtsauffassungen sollen uns nicht hindern, die Rückgabe von Kulturgütern fortzusetzen." Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Rückgabe der nach russischen Angaben rund 250 000 Beutestücke noch immer ein sehr sensibles Thema für beide Staaten, mehr jedoch für die russische Seite sei: "Ich muss in Russland bei diesem Thema eher als Therapeut denn als Chirurg auftreten."

Als vorrangige Wünsche für die nächsten Verhandlungen kündigte Nida-Rümelin die Gotha-Bibliothek, die Silbersammlung des Prinzen von Sachsen-Anhalt, die Bremer Baldin-Sammlung sowie das Rathenau- und Lassalle-Archiv an. Schwydkoj kündigte an, sich an der Suche nach einem in Moskau verschollenen Koffer mit Brecht-Briefen beteiligen zu wollen. Gleichzeitig zeigte er sich beeindruckt von der Hartnäckigkeit, mit der sein Amtskollege die Verhandlungen führte: "Die deutsche Seite ist kein bequemer Verhandlungspartner. Ich hätte nie gedacht, dass ein Philosoph so soldatische Festigkeit zeigen könne."

Christina Tilmann

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