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Kultur: Hilf dir selbst Helden wie bei Hitchcock

Gerade so hat man sich das Leben in einer Kleinstadt in Montana immer vorgestellt: Jedes Haus hat eine Veranda, die männlichen Einwohner tragen breitkrempige Cowboyhüte, fahren Pickup-Trucks und veranstalten in ihrer Freizeit Schießübungen auf Bierflaschen. Mercer heißt dieser (fiktive) Ort, in dem "Clay Pigeons" spielt.

Gerade so hat man sich das Leben in einer Kleinstadt in Montana immer vorgestellt: Jedes Haus hat eine Veranda, die männlichen Einwohner tragen breitkrempige Cowboyhüte, fahren Pickup-Trucks und veranstalten in ihrer Freizeit Schießübungen auf Bierflaschen. Mercer heißt dieser (fiktive) Ort, in dem "Clay Pigeons" spielt. Dort gehen der Tankwart Clay und sein Freund Earl ihrer liebsten Beschäftigung nach: Biertrinkend testen sie draußen in der Prärie die Treffsicherheit von Clays neueste Pistole. Was aber, wenn Clay plötzlich in die Mündung seiner eigenen Waffe sieht und Earl ihm eröffnet, er wisse, daß seine Frau häufig mit einem anderen schläft - nämlich mit Clay? Und was, wenn Earl sich selbst erschießt - und alles aussieht wie ein Mord?Clay (Joaquin Phoenix), der bald wie ein Serienkiller dasteht, erinnert ein bißchen an die Helden Hitchcocks, die unschuldig in Verdacht geraten und schließlich gezwungen sind, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Doch erst einmal gerät er in einen Strudel wechselseitiger Abhängigkeiten. Auch der Lastwagenfahrer namens Lester ist alles andere als ein guter Kumpel."Clay Pigeons" ist nicht immer glaubwürdig. Doch der Film fühlt sich auch nicht der Realität verpflichtet, sein Szenario speist sich vielmehr aus unser aller Film- und TV-Erfahrung. Mercer und seine Bewohner sind gewissermaßen Filmgeschichte. Regisseur David Dobkin mischt Medienerfahrung mit Kriminalstories - und befindet sich damit in prominenter Gesellschaft, von Tarantino bis zu den Coen-Brüdern; und an "Twin Peaks" erinnert die resolute FBI-Agentin Shelby, die sich in dem Städtchen mit dem kuriosesten aller Hilfssheriffs herumschlagen muß.Dobkin, der zuvor vor allem Videoclips realisiert hat, inszeniert seinen ersten Spielfilm flott und rasant - und mit viel Sinn für den Soundtrack. Daß der Film bei der Gratwanderung zwischen Thriller und Komödie nicht abstürzt, verdankt er auch seiner glänzend aufgelegten Besetzung bis in die letzte Nebenrolle: Georgina Cates als das widerliche Biest Amanda; Scott Wilson als väterlicher Sheriff Mooney; und Vince Vieluf als sein trotteliger Deputy Barney.Der Hauptgrund aber, sich diesen ziemlich bösen und ziemlich leichten Film anzusehen, sind - neben Phoenix, dem Bruder des verstorbenen River Phoenix - zwei der interessantesten Nachwuchsschauspieler Hollywoods: Vince Vaughn als charmanter Soziopath Lester und Janeane Garofalo als desillusionierte und mit sarkastischem Witz ausgestattete FBI-Agentin. Ihre Intelligenz ist die Waffe, mit der sie die Umwelt spielend besiegt.

Eiszeit, Hackesche Höfe, Kant, Moviemento, Passage

RALF BEYERLE

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