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Kultur: Höchste Zeit

Eine neue Arbeitsgruppe zur Provenienzforschung

Der Berliner Kirchner-Fall hatte im vergangenen Jahr die Dringlichkeit noch einmal deutlich gemacht. Seit der Washingtoner Erklärung von 1998, die eine moralische Verpflichtung zur Rückgabe verfolgungsbedingt entzogener Kunstwerke proklamierte, fürchten deutsche Museen angesichts einer Vielzahl von unerforschten Provenienzen um Teile ihrer Bestände. Das wurde besonders deutlich, als das Berliner Brücke-Museum mit Ernst Ludwig Kirchners „Berliner Straßenszene“ von 1913 ein Hauptwerk an die Erben der ehemaligen Eigentümer zurückgeben musste. Noch heute ist das Berliner Abgeordnetenhaus mit der Aufklärung der Vorgänge beschäftigt.

Allein: Oft genug fehlte es in den Museen an Personal und Geldmitteln, um die Wissenslücken aufzuarbeiten, bevor die Anwälte der Erben an sie herantraten. Auch die Bereitschaft, Zweifelsfälle zu publizieren, ließ zu wünschen übrig. Diese Lage soll nun eine Arbeitsgruppe für Provenienzforschung verbessern, die Kulturstaatsminister Bernd Neumann ab Januar 2008 einrichten möchte. Sie soll beim Institut für Museumsforschung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) angesiedelt sein – die Preußen-Stiftung hatte sich schon in den letzten Jahren durch unbürokratische Restitutionsverfahren profiliert. Außerdem soll die Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste in Magdeburg, die Restitutionsfälle dokumentiert, mit einem Fachbeirat ausgestattet werden. So kann die Zusammenarbeit mit den Museen verbessert werden, denn die Arbeit der Koordinierungsstelle leidet bislang darunter, dass von den Museen zu wenige Meldungen kommen.

Ob eine Million Euro, die Neumann für diesen Themenbereich zur Verfügung stellt, auf Dauer ausreichen, wird man sehen. Die Botschaft jedoch ist wichtig: Deutschland nimmt das Thema endlich ernst. Auf dass so schmerzliche Vorgänge wie die Berliner Kirchner-Rückgabe künftig vernünftiger verlaufen. til

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