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Kultur: Huanying

Ein Buch über die „Chinesen in Berlin“

Schon ein Blick auf das reiche Adressenverzeichnis „chinesischer Orte in Berlin“ überzeugt: Von Kultur- und Wirtschaftseinrichtungen bis zu Arztpraxen und Schulen, an denen Chinesisch unterrichtet wird, reicht das Spektrum, über das Dagmar Yu-Dembskis Buch informiert. Dabei kam die „exotische Show“ der beiden ersten Chinesen im Berliner Frühjahr 1823 noch nicht besonders an. Als aber 1901 Prinz Chun persönlich ein Entschuldigungsschreiben wegen des Boxeraufstands an Kaiser Wilhelm überreichte, kam ihm das Volk bei seinen Ausfahrten schon wohlwollend entgegen.

Die heute offiziell im „Zypressenwald“, der chinesischen Bezeichnung für Berlin, gemeldeten 6000 Chinesen (die Dunkelziffer dürfte um etliches höher sein) machen meist gute Erfahrungen in ihrer Wahlheimat. Vom „Gelben Viertel“ am Schlesischen Bahnhof vor dem Zweiten Weltkrieg, dem heutigen Ostbahnhof, ist zwar nichts geblieben, doch die expandierende China-Szene in Charlottenburg ist unübersehbar – wenngleich von einem Chinatown nicht die Rede sein kann. Yu-Dembski erzählt von Prominenten wie Zhou Enlai oder Madame Sun Yatsen, Schauspielern wie Hu Die oder dem Peking-Opern-Star Mei Lanfang, aber auch von gewöhnlichen Hausierern oder politisch aktiven Studenten.

Nur noch wenige Chinesen – meist in Mischehen – gab es nach dem Krieg in Berlin. Das Wirtschaftswunder der fünfziger Jahre brachte eine Reihe neuer China-Restaurants hervor: das „Kanton“, das „Lingnan“ und das heute noch existierende „Taitung“. Die damals mondäne „Hongkong Bar“ wurde bis in die 70er Jahre gern von Prominenten aufgesucht. Als very british entpuppt sich hingegen der seit einigen Jahren existierende teuerste Club der Stadt, der „China Club“ im Obergeschoss des Adlon-Hotels.

Als Tochter eines Chinesen und einer Berlinerin bringt die Autorin Dagmar Yu-Dembski alle Voraussetzungen mit, die Spuren sichtbar zu machen. Dass sie in beiden Welten zu Hause ist, zeigt ihre abschließende Beobachtung: Während man hier verunsichert konstatiert „Die Chinesen kommen“, sagt man in China einfach „Huanying“ – herzlich willkommen. Anna Gerstlacher

Dagmar Yu-Dembski: Chinesen in Berlin. Bebra Verlag, Berlin 2007. 160 S., 14.90 €. Ausstellung im Museum Charlottenburg-Wilmersdorf, Schloßstr. 69, noch bis zum 4. November.

Anna Gerstlacher

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