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Humboldt-Forum: "Es gibt überhaupt keine Konflikte"

Stiftungspräsident Hermann Parzinger über die Arbeit mit Franco Stella bei der Gestaltung des Humboldt-Forums

Herr Parzinger, was sagen Sie zum Vorwurf des Verfahrensfehlers beim Schloss-Wettbewerb?



Es hat mich sehr überrascht. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Nutzer, auch ich persönlich als Jury-Mitglied im Schloss-Wettbewerb, wir müssen davon ausgehen können, dass das Bundesbauministerium als Herr des Verfahrens auf die Einhaltung der Regeln achtet. Bei einem für die Bundesrepublik so bedeutenden Projekt sollte alles sehr korrekt ablaufen, ich bin gespannt auf die Reaktionen der Verantwortlichen.

Wie ist denn die Arbeitsgruppe zusammengesetzt, die jetzt mit Franco Stella über die Innenarchitektur berät?

Sie besteht aus Vertretern der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, aus jeweils mehreren Vertretern der Hauptnutzer – also der Dahlemer Museen, der Zentral- und Landesbibliothek sowie der Humboldt-Universität – und Vertretern des Bundesbauministeriums sowie des Landes Berlin. Je nachdem, ob wir über die Ausstellungsflächen für die außereuropäischen Sammlungen sprechen oder etwa über die Agora – also die Veranstaltungsflächen –, laden wir auch Externe ein, wie Bernd Scherer vom Haus der Kulturen der Welt. Vonseiten der Architekten sind Franco Stella und Vertreter der mit ihm kooperierenden Planungsbüros dabei. In der Regel stellt Stella zu Beginn der Runden den neuen Planungsstand vor, den wir gemeinsam diskutieren.

Man kann sich kaum vorstellen, dass das Humboldt-Forum als Museumsform des 21. Jahrhunderts in das Raumraster eines Barockschlosses passt. Es soll Unzufriedenheit geben. Wo kommt es zu Konflikten zwischen den Bedürfnissen der Nutzer und den vorgegebenen Räumlichkeiten?

Es gibt überhaupt keine Konflikte. Bei möglichen Problemen suchen wir gemeinsam nach Lösungen, das läuft eigentlich sehr harmonisch. Wir haben erst an diesem Montag wieder einen entscheidenden Fortschritt erzielt: Die Funktionen der Agora wie des Humboldt-Forums als Ganzes werden nun viel integrativer weitergedacht werden

Heißt das konkret, die bislang auseinander liegenden Veranstaltungsräume werden zusammengelegt?


Bitte verstehen Sie, dass ich noch keine Details schildern kann. Bis Anfang Oktober sollen die Fragen der inneren Struktur gelöst sein, so der Zeitplan des Bundesbauministeriums. Es war klar, dass bei den Veranstaltungsräumen teilweise neue Lösungen notwendig waren: Franco Stella hat unseren Vorschlag aufgegriffen und deutlich weiterentwickelt. Und das ist bezeichnend für ihn. Er besteht nicht auf allen Einzelheiten seines Entwurfs, sondern berücksichtigt die Anforderungen der Nutzer.

24000 Quadratmeter Nutzungsfläche fürs Außereuropäische. Reicht der Platz?

Natürlich kann man auch auf 40 000 Quadratmetern ausstellen. Aber was ist dem Besucher quantitativ zumutbar, der vielleicht gerade von der Museumsinsel kommt? Wir brauchen in etwa die 24 000 Quadratmeter, wie sie im Auslobungstext festgeschrieben sind, das ist etwas mehr als jetzt in Dahlem. Aber vor allem wollen wir flexibel bleiben, die Exponate immer wieder austauschen und in Abständen neue thematische Schwerpunkte setzen. Wir können derzeit etwa drei Prozent unserer 500 000 Objekte ausstellen, der Rest ist im Depot. Mit einem flexiblen Ausstellungskonzept können wir deutlich mehr Bestände zeigen.

Wie viel Humboldt-Forum wird in der Ausstellung zu sehen sein, die nächste Woche im Alten Museum eröffnet wird?

Sie ist kein Humboldt-Forum en miniature, sie will dessen Leitlinien, Chancen und Potenziale verdeutlichen. Im ersten großen Raum soll die Beziehung zwischen den drei Bestandteilen Museum, Bibliothek und Universität zum Schloss deutlich werden. Thematisiert wird die Bedeutung der Kunstkammer im ehemaligen Schloss und die Rolle von Leibniz, der Gebrüder Humboldt und von Adolf Bastian, dem Gründer des Berliner Völkerkundemuseums, für die Entwicklung der Museumssammlungen. Im zweiten, größten Raum werden die Themen Macht, Ritual und Austausch behandelt. Nicht nur der Blick des Wissenschaftlers zählt, sondern auch die Sicht der Betroffenen, der Forscher aus den Regionen, der Angehörigen der Kulturen selbst.

Und der dritte Bereich?

Ist das Labor: Wie gehen wir heute mit den kulturellen Archiven um, wie forschen, wie vermitteln wir? Auch hier kooperieren wir mit den Communities, beispielsweise wird ein Projekt mit den Yupik, den Pazifik-Eskimos, vorgestellt. Die Ausstellung ist ein Werkstattblick. Das Humboldt-Forum wird in fünf, sechs Jahren eröffnet, bis dahin kann sich manches wandeln, wir dürfen deshalb jetzt keine starren, statischen Konzepte entwickeln.

Sie haben außerdem ein Buch zum Humboldt-Forum herausgegeben, gemeinsam mit Thomas Flierl. Warum das?

Es will die bisherige Debatte zusammenfassen und eine weitere zu den Inhalten anregen. Wir laden dazu ein, wichtige Ideen und Erwartungen einzubringen. Der Blick auf die außereuropäischen Kulturen wird sich auch in Zukunft wandeln, diese Dynamik wohnt dem Humboldt-Projekt inne.

Das Gespräch führte Christiane Peitz.

Hermann Parzinger, geb. 1959, ist seit 2008 Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, einer der künftigen Hauptnutzer des Schlosses. Er war Mitglied der Jury beim Schloss-Wettbewerb.

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