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Kultur: Hunger nach Namen

Auf der Armory Show in New York zeigen rund 160 Galerien Gegenwartskunst

Gerade noch rechtzeitig zur Preview werden die letzten Wogen geglättet und ein paar Lücken verklebt – dann ist der lange rote Teppich zwischen Pier 90 und 92 fertig, auf dem die illustren Gäste der New Yorker Armory Show von einer Messehalle zur anderen flanieren können. Wobei sie sich nicht viel Zeit lassen können, wenn sie Werke von den Stars der Stunde ergattern wollen. Anselm Reyles Wandrelief findet bei Giti Nourbahksch aus Berlin für 22 500 Euro sofort einen Käufer. Und bei der Berliner Galerie Crone/Andreas Osarek ist die Soloshow der jungen New Yorker Malerin Ena Swansea nach drei Stunden ausverkauft. Ihre großen, dunkel schimmernden Bilder gehen für Preise um 43 000 Euro an internationale Großsammler, deren Hunger nach immer neuen Namen unbegrenzt scheint.

Für etablierte Größen der Szene müssen Sammler sogar noch tiefer in die Tasche greifen: Für Thomas Ruffs „Katastrophenbilder“ verlangt die Galerie Mai 36 aus Zürich rund 60 000 Euro. Bei der Londoner Galerie White Cube kostet eine Gilbert&George-Arbeit aus den achtziger Jahren 185 000 Pfund. Und ein kleinformatiges Gemälde des belgischen Malerstars Luc Tuymans bei David Zwirner gehört mit einem Preis von 400 000 Dollar zu den teuersten Werken der Messe.

Obwohl die Armory Show nach wie vor von der zeitgleich laufenden Whitney Biennale profitiert, sind die Folgen des internationalen Messe-Booms, vor allem der Art Basel Miami Beach, nicht zu übersehen: Einstige Flagschiffe der Messe wie Marian Goodman und Barbara Gladstone setzen, so heißt es, dieses Jahr einfach einmal aus. Auch Luhring Augustine, Mary Boone und die Giga-Galerie Gagosian sind nicht dabei.

Manch junger Händler profitiert von dem neuen Kräfteverhältnis und setzt allein auf den Nachwuchs: So widmet Ibid Projects (London / Vilnius) ihren Stand allein dem erst 25-jährigen Rigaer Maler Janis Avotins (2000 bis 14 000 Pfund). Auch die Produzentengalerie aus Hamburg stellt neue, international ungesehene Talente wie Jonas Burgert oder Tjorg Douglas Beer vor. Die Messe erscheint dadurch jünger – wobei diese Tatsache auch einige qualitative Querschläger mit sich bringt, mit der sich die Art Basel Miami Beach wohl kaum abfinden würde. Dennoch: Das Gesamtbild ist erfrischend und vielfältig – was auch daran liegt, dass trotz des anhaltenden Leinwandbooms nicht nur Malerei zu sehen ist. Fotografie, Video und vor allem Skulpturen haben wieder mehr Präsenz bekommen. Am Stand von Sies & Höke aus Düsseldorf begegnen ein filigraner Totenschädel des belgischen Berlin-Biennale-Künstlers Kris Martin (11 000 Euro) und drei Armaturengebilde von Florian Slotawa (zusammen 15 000 Euro) dem Besucher direkt auf Augenhöhe. Eine einladende Geste – und Dialoge sind schließlich die Hauptsache auf jeder Kunstmesse.

Armory Show, New York bis 13. März, www.thearmoryshow.com

Gesine Borcherdt

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