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Kultur: „Ich bin ein Ruhestifter“

Gerhard Polt über die Toten Hosen, Volksmusik und sein Lieblingsinstrument, die Kuhglocke

„Pronto“ meldet er sich am Telefon, aber es ist wirklich Gerhard Polt. Der bayrische Kabarettist ist derzeit zusammen mit den Biermösl Blosn, den Toten Hosen und einem „Abvent“-Programm auf Tournee. Sie treten heute Abend um 20 Uhr im Berliner Ensemble auf. Polt hat also nicht viel Zeit.

Herr Polt, kommen Sie wirklich nach Berlin? Erst kürzlich hat es sich ein prominenter Bayer in letzter Minute anders überlegt.

Ja, aber ich weiß nicht, ob der vorhatte zu singen.

Handelt es sich bei „Abvent“ um ein traditionelles Adventssingen?

In Bayern sprechen wir vom Advent als der staaden Zeit, also der stillen Zeit. Genau das wollen wir vermitteln: die Stille der Kaufhäuser, der Parfümerieabteilungen ... Ich bin übrigens nur der Conferencier. Die Musik machen andere.

Spielen Sie gar kein Instrument? Kuhglocke zum Beispiel?

Doch, sowas kann ich schon spielen. Ich bin dafür auch schon gelobt worden.

Musikalisch erwartet uns ein Crossover -Experiment: Bajuwarische Stubenmusi contra Punk. Die Biermösln Blosn klingen für uns besonders exotisch. Schon die Instrumentierung: die Well-Brüder spielen neben Geige und Trompete auch Zither, Hackbrett, Jagd- und Alphorn. Kann man diese Musik als neue Volksmusik bezeichnen?

Am Begriff Volksmusik scheiden sich die Geister. Aber die Musik der Biermösln Blosn ist nun wirklich eine Volksmusik, wie sie bei uns gespielt wird. Die dringt kaum über den Main hinaus. Das ist eine wunderschöne alpenländische Musik und birgt in sich viele soziale Komponenten. Es werden viele Dinge ironisiert, es werden Minidramen geschildert, die Autorität wird in Frage gestellt. Was im Fernsehen als Volksmusik verkauft wird, hat mit dieser Musik überhaupt nichts zu tun. Und das, was der Campino und seine Leute machen, das ist, glaube ich, auch Volksmusik.

Sie spielen an gegen eine falsche Gemütlichkeit. Was bedeutet Ihnen Heimat?

In einem Schulaufsatz habe ich mal geschrieben: Ihre Heimat hat die Salmonelle nicht nur im Kartoffelsalat. Gottseidank gibt es den Heimat-Begriff, weil man damit so schön Schindluder treiben kann.

So wurden Sie zum Unruhestifter?

Ich wurde kein Unruhestifter, im Gegenteil, ich habe eher Ruhe gestiftet. Perplexität.

Stimmt. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, Herr Polt, dass Sie immer nur antworten: „I sog nix.“

Ja mei.

Nun verabschieden sich die Toten Hosen mit dieser Tour in eine Kreativpause. Was geben Sie den Jungspunden mit?

Da müssen sie den neuen Finanzminister fragen. Der kommt doch aus Düsseldorf. Das Gespräch führte Sandra Luzina.

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