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Kultur: Im Elfenbeinturm

Manche Talkrunden sind so: Die Akkustik im Saal verheerend, die Disputanten hinter einen bananenförmigen Podiumstisch gepfercht, so daß sie zwar allseits den Zuhörern zugewandt sind, sich aber selbst nicht mehr anschauen können.Dabei pafften sie - Geste aristokratischen Desinteresses - unentwegt dicke Rauchwolken gen Publikum.

Manche Talkrunden sind so: Die Akkustik im Saal verheerend, die Disputanten hinter einen bananenförmigen Podiumstisch gepfercht, so daß sie zwar allseits den Zuhörern zugewandt sind, sich aber selbst nicht mehr anschauen können.Dabei pafften sie - Geste aristokratischen Desinteresses - unentwegt dicke Rauchwolken gen Publikum.

Den Charakter zentrifugaler Kommunikation hatte dann auch das Gespräch, zu dem der Verband Bildender Künstler in seine Bildhauerwerkstatt geladen hatte.Sein Thema war das Verhältnis zwischen bildendem Künstler und Architekten.Neben der früheren Expo-Chefin Catherine David und der französischen Architektin Odile Decq saßen - als Praktiker raumbezogener Kunst - Olaf Metzel und der Düsseldorfer Mischa Kuball auf dem Podium.Trotz wackeren Bemühens des Moderators Robert Kudielka gab es kein Gespräch, sondern eher eine zähflüssige Abfolge von Statements.Welche Chancen, so die Leitfrage, bestehen für eine Wiederannäherung der beiden Kunstformen.Keine, meinte Bildhauer Olaf Metzel, der sich in der Rolle des stänkernden bad boy gefiel."Der Unterschied zwischen Künstler und Architekten ist, daß sich der Architekt so lange verbiegt bis der Investor zufrieden ist!" Metzels Anflüge verbalen Revoluzzertums gingen ins Leere.Massimiliano Fukasas, Architekt und Direktor der Architekturbiennale Venedig 2000, war verhindert.Odile Decq, nunmehr einzige Architektin in der Runde, sah sich nicht veranlaßt, eine Gegenposition einzunehmen."Ich verstehe diese Skepsis, kann mir aber gut vorstellen, ein Gebäude mit einem Künstler zu entwickeln".Natürlich unterliege Architektur funktionalen und wirtschaftlichen Zwängen.Der autonomen Geste, wie sie Kunst interventionistischer Prägung in den öffentlichen Raum trägt, muß sich Architektur enthalten.Sie kann, anders als ein Kunstwerk, nicht spontan, ironisch oder subversiv sein.Darüber bestand Konsens.

Architekten und bildenden Künstlern fällt es heute sehr schwer, eine gemeinsame Sprache zu finden, konstatierte Moderator Kudielka.Paradoxerweise wird die Zusammenarbeit zwischen Künstler und Architekt da am schwierigsten, wo künstlerisch verstandene Architektur auf Kunst trifft - etwa beim Museumsbau.Catherine David machte dieses Problem an Frank O.Gehrys Museumsbau für Bilbao fest."Es ist sehr schwer, in einem solchen, fast skulpturenhaften Gebäude zeitgenössische Kunst zu präsentieren." Damit bestätige sie, was Olaf Metzel nicht akzeptieren mochte: Daß Architektur mit Rücksicht auf Nutzungszweck, Nutzer und Bauherrn um Zurückhaltung bemüht sein muß.Anderthalb Stunden nach Beginn zeigten sich die Sitzreihen gelichtet; die Mehrzahl der anfangs rund 300 Zuhörer war entschwunden oder huldigtem vor der Tür bei einem Glas Weißwein dem linden Frühlingsabend.In der Halle blieb der Dunst der gesponserten Gratiszigaretten zurück.Viel Rauch um nichts.

FRANK PETER JÄGER

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