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Kultur: Im Namen der Rose

Ute Lemper singt im Berliner Konzerthaus

Sie ist eine Diva. Lässt sich bis zur Pause nicht blicken, während ihr Orchester Mozarts g-Moll-Sinfonie gibt. Ein Ute-Lemper-Konzert beginnt ohne Ute Lemper. Aber es gibt ein Happyend. Als sie endlich ins Rampenlicht tritt, nimmt das Publikum sie mit offenen Armen und viel Beifall auf. Das war nicht immer so. Sie bedankt sich mit drei Zugaben. Ute Lempers Auftritt im Berliner Konzerthaus ist ein voller Erfolg. Schlangenartig wiegt sie sich in ihrem glitzernden roten Kleid. Sie haucht mit tiefer Stimme die Geschichten zu ihren Songs, um dann auf ein Stichwort mit dem finnischen Tapiola-Sinfonietta-Orchester in den Chansons Jacques Brels zu schwelgen, Astor Piazzolla zu huldigen oder Brecht zu rezitieren. Brecht und Weill, das ist und bleibt ihr Paradestoff, ob „die Moritat von Meckie Messer“ aus der Dreigroschenoper oder „Wie man sich bettet, so liegt man“ aus „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“.

Sanft und schmeichelnd klingt ihre Stimme, dann wieder rau und mit diesem starken Vibrato einer Chansonette. Es ist keine Nonchalance zu spüren, in Gesang und Darstellung herrscht konzentrierte Anspannung. Ekstatisch steigert sie die Lieder zum Höhepunkt, biegt sich auf der Bühne wie gegen den Wind, als ob sie gleich von der Stimmgewalt des Orchesters hinweggefegt würde. Fast schreit sie die letzten Silben, wirbelt mit den Armen in der Luft.

Dann formt sie die Hände zu einer Rose. „La Vie en Rose“, der Klassiker der Piaf, Dirigent John Storgårds und das Orchester haben verstanden. Ute Lemper ziseliert die einfachen Melodielinien mit Brillianz, aber auch mit einer Klarheit, die manchmal etwas kalt wirkt. Die Lemper ist auf der Bühne eben keine Piaf, keine Lenya, keine Dietrich. Sie ist Ute Lemper, unverwechselbar, gut. Sie lässt die 30er und 40er Jahre ohne Nostalgie wieder auferstehen. Man braucht nur für einen Moment die Augen zu schließen.

Michael Schultheiss

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