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Kultur: Im Quadrat

Es gibt kein Entkommen. Weltmeisterbrötchen, fußballförmige Teekannen und schwarz-rot-goldene Gummibärchen – alles wird dieser Tage ins WM-Format gebracht.

Es gibt kein Entkommen. Weltmeisterbrötchen, fußballförmige Teekannen und schwarz-rot-goldene Gummibärchen – alles wird dieser Tage ins WM-Format gebracht. Und auch die Kunstwelt schläft nicht. Kein Kunstwerk, das auch nur entfernt mit Fußball zu tun haben könnte, darf unausgestellt bleiben, so lautet die Devise. Landauf, landab mühen sich Künstler und Kuratoren, dem Spiel von 22 Akteuren und einem Ball auch noch den letzten Nebenaspekt abzutrotzen – selbst das Pergamonmuseum will mit der Ausstellung Der Ball ist rund – Kreis, Kugel, Kosmos offenbar direkt am Spielgeschehen teilnehmen. Logisch, dass auch die Galerien beim großen Fußballfest dabei sind. Die Galerie Deschler (Auguststraße 61, bis 22. Juli) verspricht unter dem Motto „This ball is square“ alles, was man schon immer über Fußball wissen wollte. Aus 6000 Spielkarten erbaute Antonio Riello dafür ein Miniaturstadion (10 000 Euro, Foto 4000 Euro), Xenia Hausner interpretiert das Thema Kopfball neu, indem sie das Haupt eines Modells neben einem Fuß- und einem Basketball bettet (12 500 Euro). Und der Südamerikaner Mariano Rinaldi Goñi steuert einen großartig kuriosen Franz-Beckenbauer-Heiligenschrein bei (5000 Euro). Während das von Patricia Waller gehäkelte rosa Einhorn, das mit eben diesem eine gehäkelte Katze aufgespießt hat, speziell in diesem Zusammenhang rätselhaft bleibt (12 000 Euro).

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Nur ein paar Häuser weiter zeigt die Galerie Blickensdorff (Auguststraße 65, bis 22. Juli) die wunderbar verschrobenen kleinen Bilder des brasilianischen Künstlers und Amateurfußballtrainers Manoel Francisco Lopes de Faria . Im Postfuhramt kann man dagegen den Protagonisten selbst in die Augen schauen. Mathias Braschler und Monika Fischer haben 30 Ausnahmefußballer direkt nach dem Spiel aus nächster Nähe fotografiert und zeigen die Porträts an der neuen Adresse von CO Berlin (Oranienburger Straße / Tucholskystraße, bis 9. Juli) . Am besten aber hält man es mit Imi Knoebel . Der Düsseldorfer Meister der Reduktion hat die Galerie Fahnemann Projects (Gipsstraße 14, bis 9. Juli) unter das Motto „Imi für Deutschland“ gestellt und mit einer aus Hartfaserplatten zusammengesetzten Wand abgeschirmt. Spielergebnisse und Zeitungsartikel sollen deren einzelne Quadrate als Work in Progress während der WM füllen. Dahinter befinden sich – neben Langzeitbelichtungen aus Stadien von Michael Wesely – weitere Tafelbilder von Knoebel, Sessel und mit Bier und Wasser gefüllte Kühlschränke sowie eine Großbildleinwand, auf der sämtliche Spiele live übertragen werden. Kurz gesagt: Der vielleicht ultimative WM-Kunstort.

Katrin Wittneven

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