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Kultur: In der Kurve

„Verzeihung, ihr Alten...“ im Gorki Studio

Alles ist anders unter den „Gästen“ im Altersheim, und alles ist wie im Leben draußen. Sehnsucht gibt es, nach Freiheit, Grenzenlosigkeit, Liebe, und auch das Miese, Kleinliche um Betrug, Diebstahl, Missgunst hat sich im abgeschirmten Bereich der Pflegestation erhalten. Nur die Zeit läuft anders ab, verrückt, zwischen Leben und Tod, Alter und Jugend, Traum und Wirklichkeit.

Geradezu liebevoll geht der dänische Autor Christian Lollike mit den schmerzlichen und den fröhlichen Gegebenheiten in dieser Eigenwelt um, in einem aus Episoden locker gefügten, 2001 uraufgeführten Stück mit dem poetisch hochgerüsteten Titel „Verzeihung, ihr Alten, wo finde ich Zeit, Liebe und ansteckenden Irrsinn?“ Die vielen kleinen Geschichten um Turmbau und Traumhochzeit, Hingabe und Kameradschaft, aber auch um Selbstsucht und Spitzelei hat Matthias Huhn am Theater Heidelberg mit einer beschwingten Nachdenklichkeit auf die Bühne gebracht, die sich Schwermut nicht verschließt und gewandtes, freundliches Erzählen mitunter grüblerisch, fast erschrocken anhält.

Die in Koproduktion mit dem Maxim Gorki Theater entstandene Aufführung ist jetzt im Gorki Studio zu sehen. In reizvoller Weise hat der Regisseur das Zusammenwirken von Schauspielern mit theaterbegeisterten Laien in wichtigen Rollen festgemacht. Dass schöpferische Energie, Lust am Leben an Alter, Geschlecht, Gesundheit nicht gebunden sind, offenbarte sich mit einer wie selbstverständlichen Schlichtheit. Auf dem von Markus Karner gebauten Krankenhausflur mit schwungvoller Kurve, in die Enge des Studios hineingedrückt, werden Rollschränke zu magischen Behältnissen, Orte erfindend, Requisiten spendend, Schicksale bergend. Über allem alltäglichen und tolldreist überdrehten Geschehen behauptet sich Würde, ganz unangestrengt. Christoph Funke

Noch einmal heute, 18 Uhr.

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