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Interview mit Fatih Akin: "Das Leben ist ein Wunder"

Für das Drama "Gegen die Wand" hat der deutsch-türkische Regisseur Fatih Akin vor drei Jahren den Berlinale-Bären gewonnen. Nun ist er mit "Auf der anderen Seite" im Wettbewerb des Festivals von Cannes.

Sie betonen immer wieder, dass Ihre Filme viel Autobiografisches haben. Demnach lief Ihre Entwicklung vom kleinen Gangster über den Proletarier bis zum intellektuellen Hochschullehrer. Was kommt als Nächstes?

"Dass ich in Hamburg Studenten unterrichtet habe, hat mich bei meinem proletarischen Hintergrund schon selbst beeindruckt. Aber vielleicht werde ich als nächstes wieder zum Gangster. Das Leben ist doch ein Wunder, das sich in Kreisläufen abspielt. Ich weiß selbst noch nicht, was als Nächstes kommt. Irgendwas wird mir schon einfallen. Das hoffe ich mal."

Hat die Tatsache, dass Sie selbst Vater geworden sind, die Arbeit an dem neuen Film beeinflusst?

"Unbedingt. Ich hab das Drehbuch in der Schwangerschaft geschrieben und nach der Geburt verfilmt. Da erlebt man natürlich emotionale Achterbahnfahrten und fundamentale Veränderungen, die sich auf die Arbeit auswirken. Kino ist eine herrliche Kunstform, aber angesichts der Verantwortung einem Kind gegenüber ist das doch alles trivial. Da wirkt auch der Rummel hier in Cannes trivial und man kommt schon auf grundsätzliche Gedanken."

"Auf der anderen Seite" ist ein Film der Mittelteil Ihrer Trilogie "Liebe, Tod und Teufel". Worum wird es denn im letzten Teil gehen?

"Der Teufel, also das so genannte Böse, das ist für mich das Gegenteil von Liebe: Also Neid, Gier, Missgunst, Ignoranz. Ich wollte mich in der Trilogie ganz allgemein mit Fragen der Menschheit beschäftigen. Das interessiert mich und ich finde es wichtig."

Die türkischen Frauen in ihrem Film sind nicht gefügig oder unterdrückt, sondern sexy und kraftvoll. Wollen Sie bewusst einen Gegenpol zum Klischee der Frau mit dem Kopftuch setzen?

"Das hab ich nicht mit Absicht so angelegt. Voller Absicht gegen Klischees habe ich den türkischen Germanistik-Professor in die Geschichte gebracht. Die Frauen sind eher so, wie ich sie auch selbst erlebe. Ich kenne in meinem Umfeld und meiner türkischen Familie einfach keine unterdrückten, verschleierten Frauen, die immer ein paar Schritte hinter ihrem Mann herlaufen müssen."

Ist es Ihnen angenehm, wenn Hanna Schygulla Sie mit Rainer Werner Fassbinder vergleicht?

"Das ist in Ordnung, davor laufe ich nicht weg. Ich kannte Fassbinder nicht persönlich, aber ich kenne seine Filme. Ich hoffe mal, sie meint damit die bedingungslose Liebe dem Kino gegenüber. Da hat sie Recht. Aber ich arbeite ganz anders, nicht so schnell und so fanatisch wie Fassbinder. Und menschlich bin ich ohnehin ganz anders drauf." (Das Interview führte Karin Zintz, dpa)

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