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Das Dudok Kwartet aus Amsterdam.

© Dudok Kwartet

„Irene4Strings“-Stiftung in Berlin: Junge Streichquartette spielen um Stipendien

In Berlin wetteifern junge Streichquartette um Stipendien und Fördergelder der Irene-Steels-Wilsing-Stiftung. Doch nicht nur ihr Spiel muss überzeugen. Auch ihre Motivationen und Ziele sind für die Jury von Belang.

„Ich verspreche Ihnen, da kommen die heißesten jungen Streichquartette, die es derzeit in Europa gibt!“ Eckart Runge fiebert dem morgigen Sonnabend entgegen, wenn im Haus des Rundfunks acht vielversprechende Vierer-Formationen um Stipendien und Fördergelder der Irene-Steels-Wilsing-Stiftung wetteifern. Okay, Runge ist parteiisch: Er fungiert als künstlerischer Leiter dieses Wettstreits, bei dem es darum geht, Quartette in der heiklen ersten Karrierephase zu fördern, wenn sie von ihren Engagements noch nicht leben können. Und zum anderen ist er als Cellist des Artemis Quartetts mit dafür verantwortlich, dass Hochschulabsolventen mittlerweile ein Berufsleben im Geige-Geige-Bratsche-Cello-Team wieder attraktiv erscheint.

Als sich das Artemis-Quartett 1989 gründete, dachte man beim Stichwort Quartett an seriöse, gesetzte Herren, die für ein ebensolches Publikum musizieren. „Wir waren Besessene, haben geübt wie verrückt“, sagt Runge rückblickend. „Aber wir hatten eben auch das Glück, zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle zu sein. Denn es gab in der Szene einen Hunger nach jungen Quartetten.“

Dem Gewinner winkt ein Jahresstipendium

Längst sind die Artemis weltweit gefragt, werden gefeiert für ihre Interpretationen wie für ihre künstlerischen Visionen. Mehr zu wollen, weiter zu denken als bis zum nächsten Auftritt, das wird auch von den Kandidaten erwartet, die am Sonnabend in Berlin antreten: Acht Quartette müssen die Jury – Geigensolistin Vivian Hagner, Bratscher Stefan Fehlandt vom Vogler Quartett sowie Mika Hakhnazaryan, Cellist des Kuss Quartetts – nicht nur durch ihr Spiel überzeugen, sondern noch Rede und Antwort stehen, von ihrer Motivation und ihren Zielen berichten. „Bei Wettbewerben geht es in erster Linie um technisches Können“, sagt Runge. „Wir dagegen wollen herausbekommen, wer das größte Entwicklungspotenzial hat.“ Als Hauptpreis ist ein Jahresstipendium ausgesetzt, das es den Gewinnern ermöglichen soll, sich ganz auf ihre Probenarbeit zu konzentrieren, ohne nebenbei ständig für den Broterwerb auf Hochzeiten spielen zu müssen. Weitere Preise sind für die Produktion einer CD oder die Teilnahme an einem Meisterkurs gedacht.

Die Preisgelder in Höhe von 22 000 Euro stammen von einer Enthusiastin: Früh wurde Irene Steels-Wilsing von ihren Eltern an die Kammermusik herangeführt, seit Jahrzehnten reist sie zu allen Wettbewerben. „Sie lebt ihre Leidenschaft, kennt alle Formationen, und hat sich nach ihrer aktiven Zeit als Übersetzerin bei der EU darum entschlossen, ihr Vermögen zur Förderung junger europäischer Quartette zu nutzen“, sagt Runge.

Ohne Diskussionskultur geht nichts

Nie in der 250-jährigen Geschichte der Gattung wurde die Kunst der 16 Saiten hauptberuflich so intensiv gepflegt wie heute. Auch wenn die erfahrene Künstleragentin Sonia Simmenauer warnt, dass die meisten Formationen den aktuellen Boom nicht überleben werden, will Eckart Runge keinem Musiker von diesem Karriereweg abraten. Die „Selbstbestimmung bei der Arbeit“ ist für ihn der größte Trumpf. Allerdings sollte man nicht konfliktscheu sein. Wo sich vier Interpretenpersönlichkeiten über jede einzelne Betonung, jede Temponuance einig werden müssen, „geht ohne eine gesunde Diskussionskultur nichts“.

„Irene4strings“, Sonnabend ab 13 Uhr im RBB, Masurenallee. Eintritt frei

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