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Narr in Tarnfleck. Der österreichische Kabarettist Berni Wagner, Jahrgang 1991,  hat Biologie studiert.

© Barbara Braun/Tipi am Kanzleramt

Amazonas versus Amazon: Kabarettist Berni Wagner im Tipi am Kanzleramt

„Willkommen Österreich“ heißt die Reihe, in der Bar jeder Vernunft und Tipi derzeit Humorimporte präsentieren. Berni Wagner liefert mit „Galápagos“ einen satirischen Kommentar zum Thema Mensch und Natur.

Und der Titel des Programms, was ist mit dem? Wo bleibt in dieser rasanten, anderthalbstündigen Wortkaskade, die nur von einer Pause und einigem Hin- und Herrennen unterbrochen wird, das eine Wort: Galapágos? Das Eiland, das als Paradies der Artenvielfalt gilt, kommt gar nicht vor. Den Österreichischen Kabarettpreis 2022 hat die Show trotzdem bekommen, was schon mal für den in Berlin bisher eher unbekannten Kabarettisten Berni Wagner spricht.

Der Robin Wood der Kleinkunst: Berni Wagner. 

© Erneso Gelles

Wagner, Jahrgang 1991, studierter Biologe und als solcher mit dem Artenwesen vertraut, ist jedoch schon länger vom Pfad der Wissenschaft abgekommen. „Galapágos“ ist sein viertes Programm. Und als er, in Leggins und grünem Poncho, auf die Bühne stürmt wie ein Robin Wood, sieht er bescheuert, aber eben professionell bescheuert aus. Ein Narr in Tarnfleck, der als Öko-Kabarettist angekündigt ist, und dem Publikum nun sicher beinhart die Leviten seiner ökologischen Verfehlungen liest.

Schnell stellt sich heraus, dass dieser Schnellsprecher mit wirrem Haar und Punker-Attitüde, zu schlau für einfache Anklagen ist. Sie sollen ja lachen, die Leute, die es sehr bereitwillig tun. Besonders ein keineswegs als Jubelperser bestellt wirkender Herr in der ersten Reihe, dessen hyänenhaftes Wiehern Berni Wagner in den kommenden Stunden einige Male fast aus der Spur zu tragen scheint.

Grün ist’s im Wald, wo die Büchse knallt. Der Österreicher Berni Wagner singt und spielt Jägerlatein. 

© Barbara Braun/Tipi am Kanzleramt

„Urban Outdoor“ nennt Berni Wagner seinen Look, umreißt das seltsame Verhältnis der Städter zur Natur und kommt nach einer Passage über Sinn und Unsinn von Fleischersatzprodukten („Wurst ist, was die Gestalt einer Wurst hat“) beim Hauptthema seiner Einkaufstour im Biomarkt an: vegane Bio-Dino-Chicken-Nuggets.

Diese ein- ums andere Mal belachte Wortgirlande taucht – wie andere Topoi des verschachtelten Programms – noch mehrfach auf. Dass die Dinger nicht nur dazu dienen, die zweifelhafte Verbraucherethik von Bioprodukten aufs Korn zu nehmen, sondern auch die Beziehungsprobleme mit der Ex, einer Öko-Influencerin, entschärft das Label Öko-Kabarett allerdings. Über sowas schwadroniert schließlich jeder Comedian.

Trotzdem lassen sich Berni Wagners komödiantischen Exkursen über Mensch und Natur, Jäger und Neu-Schamanentum, sprich: Steirischer Esoterik, die er mit Temperament und viel grimassierendem Körpereinsatz vorträgt, schlagende Gags entnehmen. Etwa: je kleiner der Amazonas, desto größer Amazon. Oder: Klar leben wir in einer Beziehung mit der Natur, aber was ist, wenn die mit uns Schluss macht?, bringt er Klima- und Beziehungskrise auf den Punkt.

Geschenkt, dass Berni Wagners Fantasterei unter Einfluss psychotischer Pilze aus der Schamanenpfeife gegen Ende an Fahrt verliert. Das satirische Unterfangen der Kritik am zerstörerischen menschlichen Lebenswandel ist unterhaltsam und aller Ehren wert.

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