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Kultur: Kamikazeflieger und Rühreier

THEATER

Der Mann zappelt, strampelt, wirft sich im Schnurgeflecht umher. Sein Gefängnis – halb Hängematte, halb Fangnetz – baumelt von der Decke. Er schaukelt, zunächst verhalten, später enthusiastisch und singt: „Junge fahr nie wieder, nie wieder hinaus.“ Brutus, der junge Kamikazeflieger, wird nach knapp einer Stunde den Gasbrenner unter den Hängenden stellen – und Rühreier braten. Die kalte, noch nicht ausgebrochene Gewalt und die Sehnsucht des Terroristen beschäftigen Paul M. Waschkau in seinem Stück Hyänenherz . Die Uraufführung im Orphtheater Berlin entwickelt eine untergründige Brutalität, die den Zuschauern die Luft raubt (bis 31.08., Ackerstraße 169, Karten: 030-4410009). Regisseur Hans-Werner Kroesinger hat den Text auf zwei Figuren aufgeteilt. Waschkau selbst gibt den weiß gewandeten Propheten im Hängenetz. Uwe Schmieder streift als beängstigend ruhiges Tier über die Bühne. Sein Brutus im Maßanzug erinnert an die Auftragskiller in „Pulp Fiction“. Doch Brutus will mehr: „Wenn meine Zeit gekommen ist, werde ich aufblitzen. Und ins Weiß stürzen. Verschwinden.“ Der Wunsch, das eigene Leben zu transzendieren, treibt den Killer zum Massenmord. Waschkau, der mit „Hyänenherz“ seine vierte Uraufführung realisiert, verzichtet auf blutige Szenen. Die braucht er nicht: Schon wenn sich der Terrorist zu den Rühreiern eine blutrote Limonade mixt, verstört das Stück genug.

Steffen Kraft

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