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Was machen wir heute?: Katalanen lauschen

Die „wichtigen“ europäischen Sprachen sind das eine, aber viel interessanter sind doch die Minderheitensprachen. Man stelle sich vor, das Schicksal würde Goethe zum letzten lebenden Deutschen machen, zweifellos wäre er dann in Europa in der Minderheit, würde man seine Sprache deshalb weniger wichtig finden?

Die „wichtigen“ europäischen Sprachen sind das eine, aber viel interessanter sind doch die Minderheitensprachen. Man stelle sich vor, das Schicksal würde Goethe zum letzten lebenden Deutschen machen, zweifellos wäre er dann in Europa in der Minderheit, würde man seine Sprache deshalb weniger wichtig finden? Sprachen, wie wir sie kennen, sind letztlich nur das Ergebnis von Vertreibung und Unterdrückung; die Romanistik bietet reichlich Anschauungsmaterial dafür. Man muss nur beim Französischen anfangen, dem Latein römischer Huren und Söldner, wie es von den Franken ausgesprochen wurde.

Eine katalanische Minderheit wurde in Frankreich natürlich auch unterdrückt, die größere lebt aber in Spanien. An Selbstbewusstsein fehlt es den Katalanen dort nicht. Allerdings teilt sich ihre Minderheit in zahlreiche Minderheiten, und man hat sich nie auf einen gemeinsamen Sprachstandard einigen können. Der valencianische Parlamentspräsident verlangte einmal einen Dolmetscher, als er den katalanischen Kollegen traf, dabei sind sich ihre Dialekte näher als Berlinisch und Brandenburgisch. Distanz entsteht eben aus Nähe, wie wir seit der Wiedervereinigung zuweilen beobachten können. In Ost-Berlin, wo die neu gebauten U-Bahn-Fahrstühle ihre Ansagen in schwäbischer Mundart machen, horcht man da auf.

Wer in Barcelona sein Auslandssemester macht, um nebenbei Spanisch zu lernen, wird sich im Hörsaal wundern, wenn auf Katalanisch gelehrt wird. Wie sich das anhört, kann man bei „Els amics de les arts“ sehen, den „Freunden der Künste“, die sympathischen Folk-Pop spielen. Ist es nicht faszinierend, welche lustigen Variationen alleine der Artikel in den romanischen Sprachen mitmacht? Der männliche Plural heißt im Katalanischen nicht etwa „los“, „les“ oder „i“, sondern „els“! Wem das nicht reicht, um diese Sprache lernen zu wollen, der hat am Institut für Romanistik nichts verloren! Jochen Schmidt

„Els amics de les arts“, Do., 20 Uhr, in der Alten Kantine in der Kulturbrauerei, Prenzlauer Berg. Eintritt 5 Euro. www.alte-kantine.de

Jochen Schmidt

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