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Kultur: Kein Kindertraum

"Hast Du jemals daran gedacht, das Hausdeiner Eltern anzuzünden, um sie aus der Routine zu holen?", fragt ein Jugendlicher in Douglas Couplands "Generation X".

"Hast Du jemals daran gedacht, das Hausdeiner Eltern anzuzünden, um sie aus der Routine zu holen?", fragt ein Jugendlicher in Douglas Couplands "Generation X".Der Text findet sich in Katharina Lemkes Katalog mit Einband aus Kunstrasen.Zu ihrer Doppelausstellung mit Wiebke Loeper hat sie ihn in der Galerie Pankow ausgelegt, dazu ein Straßenverzeichnis von Luckenwalde.

Lemke studiert an der Essener Folkwangschule Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Fotografie und Buchgestaltung.In Luckenwalde fotografierte sie mehr als hundert Eigenheime.In blassen, traumverlorenen Farben fügen sich ihre sonst sachlich nüchternen Aufnahmen zu einem Wandbild stereotyper Fassaden: Modelle aus dem Musterkatalog betonierter Sehnsüchte nach dem trauten Eigenheim.

Lemkes zweite Fotoserie trägt den Titel "Zwei Autos in jeder Garage und ein Huhn in jedem Topf".Auch in diesen Vorgärten trägt der gepflegte Rasen akkuraten Faconschnitt.Nur sind die Garagen größer und der Nachbarschaftswettstreit um die am penibelsten gestutzte Hecke wird mit Hilfe von Wasserwaage ausgetragen.Das Pendant zu Luckenwalde heißt Los Angeles.

Die Welt ist klein, auch bei Wiebke Loeper.Doch ihre Fotoserie "Lad" ("Truhe") beherrscht keine übersichtliche Ordnung.Das Zufällige plötzlich auftauchender Erinnungsbilder erklärt die in Berlin lebende Studentin der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst zum Grundprinzip.Loepers Recherche gilt ihrer Kindheit in der DDR.In einem Kaleidoskop subjektiver Bilder spürt sie der Zeit nach, als ein Sperrholzschrank noch riesig, das Gewirr der Heizungsrohre im Keller ein bedrohliches Labyrinth und der Spielplatz ein Universum war.

Die Schülerin von Arno Fischer und Joachim Brohm findet in einfachen Dingen zu einem Stimmungsbild über Verlust und Abschied.Plötzlich sieht man Tristesse statt Geborgenheit, Mangelwirtschaft statt vertrauter Objekte.Loeper sichert Spuren einer im Entschwinden begriffenen Zeit.Weder bei ihr noch bei Lemke gibt es Idylle ohne Widersprüche frei Haus.Beide zeigen Bilder, die von einer Utopie erzählen, wie sie Ernst Bloch beschreibt: "Etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat."

Galerie Pankow, Breite Str.8, bis 27.November; Dienstag bis Samstag 14 - 18 Uhr.

ELFI KREIS

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