zum Hauptinhalt

Kultur: Kind zu kaufen

Ein Film über das Geschäft mit der Fortpflanzung

In der weltweit größten Agentur für Reproduktionsdienstleistungen in Los Angeles nimmt der Typ All American Surfer Girl bei der Vermittlung von Eispenden eindeutig die Spitzenstellung ein. Geliefert wird in alle Welt. Doch der einschlägige Markt gedeiht unter südkalifornischer Sonne so gut wie wohl nirgendwo sonst. „Es ist hier leichter, eine Samenbank aufzumachen als eine Pizzeria“, sagt Bill Handel, Inhaber der Agentur, die neben schockgefrosteten Spermien und Eiern auch Leihmütter anbietet: alles selbstverständlich klinisch sauber, geprüft und nach Intelligenz, Hautfarbe und anderen Qualitäten katalogisiert. Das weiß man, in was man investiert.

Die Filmemacher Frauke Sandig und Eric Black, die hier in die schöne neue Welt der Reproduktionstechnologie entführen, lassen keinen Zweifel daran, wie sie zu ihrem Stoff stehen. Auch ästhetisch ist der Film als frostiger Science- Fiction-Trip in eine Gegenwart inszeniert, in der Helikopterknattern den Ton angibt und sich das Leben auf Parkplätzen ereignet. Neben Bill Handel lernen wir auch die Anwältin und Autorin Lori Andrews („The Clone Age“) kennen, die gegen den reproduktiven Machbarkeitswahn streitet. Im Zentrum des Films stehen aber die Akteurinnen selbst: Die Telefondamen in der Agentur, die nach allen Seiten Honig schleimen. Das Akademikerpaar, das auf die Ausführung wartet und sich während der Geburt mit einem Strauß im Klinikflur herumdrückt. Die Frau, für die die Blumen bestimmt sind, weil sie für 15000 Dollar Babys für andere austrägt. Als Motiv nennt sie Hilfsbereitschaft. Und auch die Super-Ei- Spenderin gibt sich ganz als Philanthropin, verdient dabei aber nicht schlecht. Denn die Honorare sind nach dem Marktwert gestaffelt. Und alle wollen das gleiche Erfolgsmodell: Blond, weiß, hübsch, blauäugig. Wenn die Entzifferung der genetischen Codes weiter fortgeschritten ist, wird man vom optimierten Nachwuchs jährlich neue Versionen auf den Markt bringen wie bei Computer-Betriebsystemen heute.

„Frozen Angels“ zeigt überzeugend: Das idealistische Bild einer am biotechnologischen Fortschritt genesenden Gesellschaft ist von der Praxis längst überholt. Dabei haben die Filmemacher ihre Positionen so typgerecht besetzt, dass überraschende Begegnungen ausbleiben. Stattdessen funktioniert der Film wie eine Geisterbahnfahrt in eine unheimliche Zukunft.

In Berlin in den Kinos fsk, Hackesche Höfe (beides OmU) und Neue Kant Kinos

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false