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"C’est la vie": Vergänglichkeit: Es ist, wie es ist

Für jeden ist etwas dabei in diesem mit drei Césars ausgezeichneten Film – und trotzdem lockt Rémi Bezançon nicht in einen Gemischtwarenladen billiger Gefühle, sondern bleibt beim Thema, der Unvermeidlichkeit des Wandels. Familiär: "C’est la vie".

Alt werden ist nichts für Feiglinge – selbst das Älterwerden ist schon anstrengend. Das Erwachsenwerden kann auch ziemlich unangenehm sein, aber die Alternative dazu ist nur der frühe Tod. Also ist es ja doch irgendwie schön, alles, was so passiert, wenn man lebt.

Fünf Tage schildert der französische Regisseur Rémi Bezançon, fünf Tage im Leben einer Familie, von 1988 bis 2000. Jeder Tag wird erzählt aus der Perspektive eines anderen Familienmitglieds. 1988 ist es der älteste Sohn Albert, der auszieht von zu Hause. Seine Mutter Marie-Jeanne fotografiert ihn, weil sie weiß, auf dem Foto bleibt er ewig bei ihr. Weil sie auch ihre eigene Zeit anhalten will, fängt sie an zu studieren und sitzt mit ihrem zweiten Sohn in Vorlesungen. Der wird, als Vertreter der Generation verlängerte Adoleszenz, zum Nesthocker, während Tochter Fleur sich 1993 mit der Frage des passenden ersten Freundes herumschlägt, später abtreibt, um schließlich eine brave Studentin zu werden.

Die Vergänglichkeit des Lebens, das „Stirb und werde“ ist das hyperpräsente Thema des Films. Dafür stehen Bilder wie das der auf- und verblühenden Rose, des dahinschrumpelnden Pfirsichs. Drumherum pflegen Leute ihre Kindheitsrituale über die Pubertät hinaus oder planen Schönheitsoperationen, die notfalls der eigene Sohn durchführen soll.

Momente und Ängste, die jeder kennt: Für jeden ist etwas dabei in diesem mit drei Césars ausgezeichneten Film – und trotzdem lockt Bezançon nicht in einen Gemischtwarenladen billiger Gefühle, sondern bleibt beim Thema, der Unvermeidlichkeit des Wandels. Dabei respektiert er die Gefühle seiner Protagonisten, spottet etwa nicht über den Wunsch Marie-Jeannes, jung zu bleiben. Sie zieht sich lächerlich an, ja, und es ist lächerlich, dass sie junge Kommilitonen nach Hause einlädt, aber das macht sie nicht zu einer lächerlichen Person, sondern zu einem Menschen, der glaubt, eben erst geheiratet zu haben, und plötzlich feststellen muss, dass es Zeit fürs Großelterndasein wird.

Tempus fugit, auch der Tod gehört zum Leben, folglich wird auch er in „C’est la vie“ nicht ausgespart. Dass der Film allerdings zu seinem Ende hin suggeriert, man könne mir nichts, dir nichts an verlorene Fäden anknüpfen und der Zeit einfach ein Schnippchen schlagen, ist sein einziges Manko.

Ja, das können die Franzosen: den leichten Dingen Tiefe verleihen und den schweren Leichtigkeit. Der Filmschluss jedenfalls ist traurig und froh zugleich – wie das Leben.

Broadway, Cinemaxx, FT am Friedrichshain, Kino in der Kulturbrauerei, Yorck, Cinema Paris (OmU)

Martina Scheffler

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