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© Central Film

Che - Guerrilla: Ferner Süden

Revolution kein Zuckerschlecken, das ahnten wir schon immer. Aber so genau und langatmig wollen wir es nun auch gar nicht wissen: Che – Guerrilla“, Teil zwei des Guevara-Porträts überzeugt genauso wenig wie der erste Film.

Der erste Teil von Steven Soderberghs Guevara-Porträt „Che – Revolution“, der am 11. Juni ins Kino kam, endete abrupt im Jahr 1958 auf einer Landstraße kurz vor der Einnahme Havannas. Der zweite Teil „Che – Guerrilla“ beginnt 1965, als Guevara spurlos aus Kuba verschwindet, um die Revolution in andere Länder zu tragen. Dazwischen liegt der Triumph der kubanischen Revolution, der genauso ausgespart wird, wie die nachrevolutionären Differenzen zwischen Guevara und Castro. Damit blendet Soderbergh all jene Siegesfeiern, Niederungen der Realpolitik und weltpolitischen Ereignisse aus, die seinen eigenwilligen Blick auf den Revolutionsführer irritieren könnten. In seinem präzisen Bildausschnitt interessiert er sich allein für den Kämpfer Che Guevara, auf dessen unkorrumpierbare Haltung sich der Mythos des Revolutionärs gründete.

1967 reist Guevara mit gefälschten Papieren in Bolivien ein, um die Revolution in dem verarmten Andenstaat zu organisieren. Aber die Indio-Bauern, die kaum Spanisch sprechen, sind skeptisch gegenüber den ausländischen Guerrilleros, die bolivianische KP verweigert die Unterstützung für den bewaffneten Kampf, und ein sympathisierender Bergarbeiterstreik wird von den Regierungstruppen mit einem Massaker beendet. Denn auch die Gegenseite hat aus der kubanischen Revolution gelernt. CIA-Berater bilden die bolivianischen Truppen im Anti-Guerrilla-Krieg aus. Guevara macht gegenüber seinen Genossen keinen Hehl daraus, was sie erwartet: Hunger, Entkräftung und womöglich der Tod.

Kein Mythos. Nirgends.

Genau das zeigt die Kamera in elegischer Ausführlichkeit. Ein Scharmützel reiht sich ans nächste. Die Revolutionäre werden zu gehetzten Hunden, die – hoffnungslos in der Minderheit – zur Strecke gebracht werden. Mit unnachgiebiger Härte stellt Soderbergh dem ruhmreichen Sieg der kubanischen Revolution das langsame und elende Zugrundegehen des bewaffneten Kampfes in Bolivien gegenüber. Da bleibt auch die Liebesgeschichte zwischen dem Che und der ostdeutschen Mitkämpferin Tania alias Tamara Bunke (Franka Potente) nur ein schemenhaftes Randereignis. Als Guevara verletzt gefangengenommen wird und sich den Verhören von Militär und CIA verweigert, wird er von einem Armeeoffizier in seiner Zelle erschossen.

Fast schon lakonisch wirkt dieser Schluss, im Gegensatz zur Glorifizierung, die gerade diese Hinrichtung in der linken Heldengeschichtsschreibung hervorgerufen hat. Das Foto von Guevaras Leichnam, das später um die Welt gehen sollte und ihn in christlicher Märtyrerposition zeigt – auch das spart Soderbergh aus. Kein Mythos. Nirgends. Aber vielleicht wäre eine Auseinandersetzung mit dem Mythos statt der puren Entmythologisierung, wie sie Soderbergh in zwei Filmen mit insgesamt 269 Minuten betreibt, doch das ergiebigere Konzept gewesen. Mit fast schon masochistischer Akribie exerziert Soderbergh das Ende des Revolutionsführers durch und strapaziert damit deutlich die Geduld auch des sympathisierendsten Zuschauers. Dass Revolution kein Zuckerschlecken ist – wir haben es schon immer geahnt und wollten es so genau nun auch wieder nicht wissen.

- Cinemaxx Potsdamer Platz, Neue Kant Kinos, Colosseum, CineStar Sony Center (Spanische OV mit englischen Untertiteln), Hackesche Höfe (OmU)

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