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CITY Lights: Kleider machen Heute

Frank Noack definiert den Kostümfilm neu

François Ozons „Angel“ ist ein Kostümfilm, darin sind sich auch die einig, die sich über seine Qualität uneinig sind. Jeder Kostümfilm, logisch, ist ein historischer Film, aber umgekehrt gilt das nicht. Ein Lendenschurz aus der Steinzeit, Wehrmachtsuniformen oder moderne Kleidung werden nicht als Kostüme wahrgenommen, im Gegensatz zu Korsetts und turmhohen Perücken. Dabei arbeiten Kostümbildner auch an Gegenwartsfilmen. Sie achten weniger auf Glamour als auf soziale und psychologische Genauigkeit. Oscars gibt es für solche Feinheiten kaum, da haben nur Spektakel wie „Herr der Ringe“ oder „Marie Antoinette“ eine Chance.

Umso erfreulicher die Kostümbildner- Filmpreise der Deutschen Filmakademie für unauffälligere Arbeiten. Bei „Alles auf Zucker“ und „Requiem“ wirkten die Kostüme so authentisch, als hätten die Darsteller ihre eigene Kleidung zum Dreh mitgebracht. Die Preisträgerinnen Lucie Bates und Bettina Marx nehmen an einem Podiumsgespräch zum Abschluss der Ausstellung Filmkostüme: Das Unternehmen Theaterkunst teil (Sonntag, 11:30 Uhr, Filmhaus). Vielleicht wird ja auch das Desinteresse vieler Filmemacher thematisiert: Barbara Baum hat sich nie wieder so entfalten können wie unter Fassbinder, Moidele Bickel (Oscar-Nominierung für „Die Bartholomäusnacht“) arbeitet nur noch für die Bühne.

Niemand konnte 1929 ahnen, dass Fräulein Else einmal als wertvolles Dokument der zwanziger Jahre gelten würde (Sonntag, 20 Uhr, Literaturhaus Fasanenstraße, mit Klavierbegleitung). Die Kritik nahm Paul Czinners Schnitzler-Adaption reserviert auf, trotz der überragenden Darsteller Elisabeth Bergner, Albert Bassermann und Albert Steinrück. Steinrücks unverschämte Anmache, als er das Fräulein E. im Speisesaal anstarrt und dabei an seinem Steak kaut, ist genial.

Einen Western-Kostümfundus hat man sich in Deutschland erst spät zugelegt: 1962 mit Beginn der Karl-May-Welle. Der einzige Karl-May-Film der Nazi-Zeit ist Durch die Wüste (1936): kein Western, sondern ein nordafrikanisches Kara-BenNemsi-Abenteuer (Mittwoch, Zeughauskino). Die Produktion war vom Pech verfolgt: Kritiker bemängelten die ideologische Unentschlossenheit, Regisseur Hübler-Kahla wurde wegen eines gefälschten Ariernachweises verurteilt, und der Hauptdarsteller Fred Raupach fiel 1942 als Soldat. Erst viel später wurde diese flotte Genreübung wiederentdeckt.

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