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CITY Lights: Minikini in der Mitternachtssonne

Silvia Hallensleben pendelt zwischen Schweden und Griechenland

Ob dieser Hitchcock-Stummfilm sich als Anheizer für einen Strandbarbesuch eignet? Der Jack-the-Ripper-Thriller (Untertitel: A Story of the London Fog) nutzt nicht nur genüsslich alle Klischees britischen Winterwetters für seine Schauereffekte. Auch der unbarmherzige Blick auf zwischenmenschliche Beziehungen hinterlässt einiges Frösteln.

Im Zentrum steht Ivor Novello, der in Hitchcocks dritter Regiearbeit erstmalig die später klassische Figur des zu Unrecht Verdächtigten gibt. Spannung liefert The Lodger in bester Qualität. Atmosphärische Beilagen und Sommernachtsfeeling liefern weitere Ingredienzen des Freiluft-Stummfilm-Konzertabends (Freitag im Beachgarden, Pohlstraße 11): kalte Drinks, Liegestühle und die Musik von Carsten-Stephan van Bodmer, der mit Piano und Cinetronium den Schöneberger Norden kulturell aufmischt.

Schwerer hat es die Filmkunst im Rundtheater am Rosa-Luxemburg-Platz, wo die Volksbühne ihre Agora aufgeschlagen hat. Zwischen den Theaterabenden von Dimiter Gotscheff und Werner Schroeter gibt es auch hier Kino, dem aber empfindliche Anwohner die Ausdrucksmöglichkeiten rabiat zurechtgestutzt haben. So darf das Publikum am Sonnabend die überwältigenden Bilder von Pier Paolo Pasolinis Edipo Re zwar auf der großen Leinwand genießen, muss fürs dazugehörige Tonerlebnis aber die Kopfhörer-Lärm-Verhüterli überziehen. Ganz agora-tauglich ist so isoliert genossene Kunst nicht, auch wenn Pasolinis genial geschnittene Zeitreise vom faschistischen Italien ins archaische Griechenland/Marokko derlei Einschränkungen schadlos überstehen sollte.

„Griechenmovies“ nennt sich die Filmreihe in der Agora, die – zu Lammfleisch und Wein – neben diversen Klassikern auch aktuelle Kunstvideos programmiert. Die Bezeichnung „Schwedenfilme“ hingegen deutete vor Jahrzehnten meist auf allerlei als schlüpfrig geltende Werke hin, bei denen auf angemessen schickliche Verhüllung der meist langhaarigen und blonden Damen für damalige Verhältnisse herzlich wenig Wert gelegt wurde. Teilen des deutschen Bürgertums galt ja damals sogar Ingmar Bergman – nach „Wilde Erdbeeren“ und „Das Schweigen“ – als Halbpornograf.

Wenn nun im Arsenal unter dem Motto „Schweden für jeden“ ab Dienstagvormittag ein 30-stündiges Filmmarathon vorgeführt wird, ist von Bergman nur das Drehbuch zu Alf Sjöberg Hets von 1944 (Dienstag 10 Uhr) dabei. Besonders schön: Mai Zetterlings früh-feministischer Flickorna von 1968 (Mittwoch 10 Uhr) wo die titelgebenden Mädchen, statt sich im Minikini der Mitternachtssonne hinzugeben, mit Aristophanes’ Hilfe partriarchale Rollenklischees bekämpfen. Noch ein Griechenmovie!

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