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CITY Lights: Rechts, links, geradeaus

Silvia Hallensleben preist die Schauspielkunst Robert Mitchums

Zehn Berliner Kinos – 43 insgesamt hatten sich beworben – sind am 15. Juni mit dem Kinoprogrammpreis Berlin und Brandenburg für innovative Kinomacher ausgezeichnet worden. Drei davon kommen aus Kreuzberg, neben dem fsk und dem Regenbogenkino auch das traditionsreiche Eiszeit in der Zeughofstraße. Vor drei Jahren hat Suzan Beermann es übernommen – und ganz ohne öffentliche Förderung legt sie ein Programm hin, das mit originellen Filmreihen wie dem Hillybilly-Festival, Konzerten und Lesungen in der Berliner Kinolandschaft Akzente setzt. Die 12 000 Euro Prämie, monatlich immerhin ein Tausender, sind nicht gerade ein Luxusstipendium, aber zusammen mit anderen Auszeichnungen eine wesentliche Hilfe, das anspruchsvolle Programm dauerhaft auf die Beine zu stellen. Denn Verleihgebühren, Vorführrechte und Transportkosten können gerade bei Archivaufnahmen schnell gigantische Ausmaße annehmen.

Filmkopien gibt es nicht eben mal schnell in der Videothek, wie manche meinen mögen. So ist für ein Programm wie das Tribute to Robert Mitchum, das heute abend zum zehnten Todestag des vielleicht bekanntesten Nichtschauspielers eröffnet wird („Ich habe drei Gesichtsausdrücke: nach links, nach rechts und geradeaus“), nicht nur viel Recherchearbeit, sondern auch einiges an Penunze nötig. Die Vorführung von Charles Laughtons legendärem Night of the Hunter am Sonnabend, dessen Kopie aus dem Österreichischen Filmarchiv in Wien kommt, kostet allein an solch festen Auslagen 330 Euro. Der böse Scheinprediger Harry Powell soll Mitchums Lieblingsrolle gewesen sein. Für das Publikum gibt es neben dem Film eine Lesung aus dem an dieser Stelle schon vorgestellten Buch „Minutentexte“, bei der etwa der Regisseur Christian Petzold, die Filmwissenschaftlerin Gertrud Koch und Arsenal-Mitleiterin Stefanie Schulte Strathaus ihre Beiträge zu einzelnen Minuten des Films zu Gehör bringen. Im Arsenal selber läuft „Night of the Hunter“ übrigens, welch Koinzidenz, am selben Abend fünfzehn Minuten später auch – nur ohne Lesung.

Ganz normal vom Kinowelt-Verleih kommt Bruce Webers Broken Noses, die Doku über einen engagierten Boxtrainer aus Portland, in der Mitchum neben Chet Baker und Julie London ausgerechnet für die musikalische Begleitung verantwortlich zeichnen soll, so heißt es jedenfalls in diversen Filmlexika. Selber gesehen hat auch Kinoleiterin Suzan Beermann den Film bisher noch nicht. So kann Kino noch mal richtig Abenteuer sein. Abenteuer ganz anderer Art werden in der Dokumentation Haus-Halt-Hilfe beschrieben, die ebenfalls im Eiszeit heute und morgen mit anschließendem Filmgespräch gezeigt wird. Denn viele der Putzfrauen und -männer, die Petra Valentin in ihrem Film vorstellt, müssen ohne Papiere in Deutschland überleben. Doch auch für die Einheimischen unter dem Haushaltshilfen ist die Arbeit auf permanent wechselnden Territorien eine tägliche Herausforderung, bei der zudem jedes Detail der Arbeitsbedingungen mit eigener Kraft durchgesetzt werden muss. Den Putzfrauen-Glamour von Judith Keils und Antje Kruskas „Glanz von Berlin“ (2001) bietet dieses eher spröde gefilmte Werk nicht. Dafür intime Einsichten in fremde Überlebenskämpfe nebenan.

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