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Film: Der stille Ozean

"Wonderful Town": Schöne große stille Bilder, schöne kleine stille Gesten. Fast zu majestätisch das Bergpanorama mit dem ewig wolkenverhangenen Himmel darüber. Davor ein Kind im Regenmantel, das durch Pfützen platscht. Ein Mädchen balanciert im Ballett-Tütü. Und eine junge Hotelangestellte bezieht die Betten neu.

Nur, dass kaum je ein Gast kommt, in diese Stadt, die so geisterhaft, so unbewohnt scheint. Es ist alles vorhanden, die Tankstelle, der Straßenshop, Café und Hotel, am Strand baut man riesige neue Resorts, doch die Touristen lassen auf sich warten. Und die Jugendlichen knattern durch die leeren Straßen, als wären sie ein Schwierigkeitsparcours, ein Abenteuerspielplatz für Halbwüchsige.

Takua Pa im Süden Thailands war einer der Orte, die durch den Tsunami 2004 am meisten betroffen waren. Achttausend Menschen kamen hier durch die Riesenwelle ums Leben. Kaum eine Familie, die nicht Angehörige, Freunde oder zumindest den Arbeitsplatz verloren hat. Die Kinder, die im Regen spielen, die leeren Betten im Hotel, die Bauprojekte am Strand: Vor diesem Hintergrund bekommen die Bilder ihr Gewicht.

„Manchmal fühle ich mich gefangen zwischen Bergen und Meer“, sagt die Hotelangestellte Na (Anchalee Saisoontorn), die sich auf eine Affäre mit einem Architekten einlässt, der eine der Ferienanlagen am Strand bauen soll. Doch was heißt hier schon Affäre: Man sitzt still nebeneinander im Dunkeln, eine Hand fasst die andere, okay, ein Kuss, ein dahingesummtes Liebeslied, auch eine gemeinsame Nacht, aber vor allem viel Reden, viel Zuhören. Und viel Stille. Allein, dass jemand da ist, dass er zurückkommt, wenn er sagt, er kommt wieder, das reicht für ein glückliches Lächeln. Selten, dass Liebe auf der Leinwand so zart zu sehen war. Ein anderer Mensch – auch das heißt unermesslich viel in Takua Pa.

Dass diese Liebe dann nicht sein, nicht leben darf und in einem seltsam unvermittelten Showdown brutal beendet wird, das ist fast schon zu viel Krimi, zu viel Handlung für diesen sonst so außergewöhnlich gut getakteten Film. Aber die ruhigen Bilder, die gedämpften Farben, die kühlen, sanften Jazz-Gitarrenklänge von Zai Kuning und Koichi Shimizu, die vergisst man nicht.

Das Meer übrigens: Es ist erst ganz spät zu sehen. Zunächst sind da nur kleine Wellen, die am Strand lecken, dann weitet sich der Blick. Auch der Ozean liegt still.

Nur im fsk am Oranienplatz 1–2 (OmU)

Christina Tilmann

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