zum Hauptinhalt

Film: Zurück zur Natur

Christiane Peitz über die erfolgreichsten Filme aller Zeiten.

In Europa, Russland, Indien und China hat „Avatar“ bereits alle Rekorde gebrochen. In Amerika ist es laut „Hollywood Reporter“ fast so weit: Sechseinhalb Wochen nach dem Start verzeichnet „Avatar“ ein weltweites Einspielergebnis von 1,841 Milliarden Dollar. Noch zwei Millionen Dollar mehr, und Regisseur James Cameron hat sich selbst, respektive seinen bisherigen Top-ofthe-Tops-Halter „Titanic“, überflügelt. Dann kann er mit seinem 3-D-ScienceFiction über die blauen Avatare, die die naturzerstörenden Menschen besiegen, den Kinohit Nummer eins in der Geschichte des Kinos für sich verbuchen.

Ein Schiffsuntergangsdrama, eine Rettet-den-Wald-Apokalypse: Was sagt das über die globale Filmgemeinde, über die Sehnsüchte unserer Spezies? Schon seltsam: Das Kino, die jüngste, technischste unter den Künsten, ist ausgerechnet dann ganz bei sich, wenn es die Vorstellungskraft sprengt, nur um sich auf sein Gegenteil zu besinnen, auf die Natur. Wenn das Menschenwerk – der Ozeandampfer in „Titanic“, die Armada von Militärs in „Avatar“ – eine Havarie erlebt, wegen eines Eisbergs oder Schwärmen von Drachenvögeln und anderem wunderlichen Getier. Archaik trifft Moderne – und die Moderne geht unter: Davon erzählen die erfolgreichsten Filme aller Zeiten, seit die Gebrüder Lumière 1895 vor der Kamera einen Zug in einen Bahnhof einfahren ließen und die Gebrüder Skladamowsky im gleichen Jahr im Berliner Wintergarten ein boxendes Känguru zum Filmstar machten. „Titanic“ endet auf dem Eismeer, „Avatar“ am heiligen Baum in einem fernen Paradies. Das Imperium schlägt zurück – die Natur ist einfach nicht totzukriegen. Jedenfalls nicht in unseren fantastischen Bilderwelten.

Beide Filme sind große Lovestorys: Jack und Rose in „Titanic“, Jake und Neytiri in „Avatar“ – zwei Königskinderpaare, zwei unmögliche Lieben, die aller Wahrscheinlichkeit trotzen. Leonardo DiCaprio erfriert auf einer Eisscholle, aber die Liebe ist stärker. Jake lässt seine sterbliche, querschnittsgelähmte Hülle am Ende zurück, um sich als Alien mit der Stammestochter zu vermählen. In „Titanic“ ist die Liebe ozeanisch, in „Avatar“ ist sie stratosphärisch, außerirdisch, überirdisch, eine grandiose Luftnummer. Das ist die größte Sehnsucht. Und so archaisch wie das Urmeer, lange vor der Erfindung des Kinos.

Christiane Peitz über die erfolgreichsten Filme aller Zeiten

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false